Die 67-Jährige engagiert sich im Vorstand der Hannöverschen Tafel, die Menschen in Not mit Lebensmitteln versorgt. Sieben Ausgabestellen gibt es im Stadtgebiet, die meisten werden im 14-tägigen Rhythmus angesteuert. „Unsere 200 Ehrenamtlichen unterstützen monatlich rund 6000 Menschen“, sagt die frühere Bankangestellte.
Schon frühmorgens fahren die Helferinnen und Helfer der Tafel mit Transportern bei Supermärkten und Bäckereien vor, um einzusammeln, was diese nicht mehr verkaufen können. Die Tafel lebt von solchen kostenlosen Spenden. „Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, dürfen wir aber nicht nehmen – das ist gesetzlich vorgegeben“, sagt die 62-jährige Beate, die seit drei Jahren als Fahrerin dabei ist.
Die Tafel-Teams bringen Brot, Obst und Konserven dann in Obdachlosentreffs, in soziale Einrichtungen für Kinder und Jugendliche oder zu Ausgabestellen wie jener an der Nazarethkirche. „Ich bin sehr dankbar, dass es die Tafel gibt“, sagt Natalia, die hier Nudeln und Obst in ihre Tasche lädt. Die 39-Jährige kam vor zwei Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Sie hat einen Minijob, doch sie verdient nicht genug, um ihre fünf Kinder durchzubringen – deshalb ist sie auf das Angebot der Tafel angewiesen.
Vor genau 25 Jahren gründete die 2023 verstorbene Rosenmarie Elisabeth Wallbrecht die Hannöversche Tafel – auch, um die Verschwendung von Lebensmitteln zu stoppen. Seither ist die Tafel zu einem festen Baustein im sozialen Mosaik der Stadt geworden. Kritische Stimmen monieren manchmal, dass die Tafeln den Staat, der eigentlich zuständig wäre, aus der Fürsorgepflicht entlassen würden. Doch der Verein, der seine Geschäftsstelle am Vahrenwalder Markt hat, ist seit seiner Gründung ständig größer geworden.
Barbara Grube blickt auf das Jubiläum und den Zuwachs mit gemischten Gefühlen: „Eigentlich wäre es uns ja lieber, wenn wir gar nicht gebraucht würden“, sagt sie. Doch das ist illusorisch: In der Region Hannover sind 19 Prozent der Menschen von Armut bedroht, Tendenz steigend. Für viele von ihnen sind die Tafeln ein verlässlicher Anlaufpunkt, obwohl sie keine Vollversorgung bieten: „Einen kompletten Wocheneinkauf können wir nicht ersetzen“, sagt Fahrerin Beate, „wir können nur ein Zubrot bieten.“
Viele der Ehrenamtlichen sind seit Jahren dabei. Sie sind ein eingespieltes Team, das mit Freude ans Werk geht: „Es ist einfach ein gutes Gefühl, gemeinsam mit anderen etwas bewirken zu können“, sagt eine Helferin, „man sieht bei jedem Einsatz, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie wirklich gebraucht wird.“ Die Unterstützung der Menschen in Not ist dabei für viele Engagierte nur die eine Seite der Medaille: „Dazu kommt noch, dass Unmengen von Lebensmitteln sonst im Müll landen würden“, sagt eine Tafel-Mitarbeiterin.
Bedürftige, die zum ersten Mal zur Lebensmittelausgabe kommen, müssen sich registrieren lassen und nachweisen, dass sie Grundsicherung oder ähnliche Hilfen bekommen. An den meisten Ausgabestellen können derzeit jedoch keine neuen Gäste mehr aufgenommen werden, sagt Barbara Grube: „Der Bedarf ist groß – wir könnten noch viel mehr tun, wenn wir mehr Spenden und mehr Ehrenamtliche hätten.“An der Nazarethkirche beispielsweise habe die Tafel erst im vergangenen Februar mit der Lebensmittelverteilung begonnen: „Nach drei Ausgaben mussten wir schon einen Aufnahmestopp erlassen“, sagt Grube. Die Menschen, die hier an diesem Vormittag um Esswaren bitten, haben Nummern bekommen, die zu bestimmten Uhrzeiten als Leuchtziffern auf einer Anzeige am Eingang erscheinen. Durch dieses System bleibt ihnen ein langes, entwürdigendes Anstehen auf der Straße erspart.
Mütter mit Kindern sind an diesem Vormittag dabei, Spätaussiedler und Senioren – Menschen, denen man nicht ansieht, wie arm sie sind. „Viele trauen sich nicht, zu uns zu kommen – Armut ist mit Scham besetzt“, sagt Barbara Grube. In den vergangenen Jahren habe sich die Klientel dabei verändert: „Viele Flüchtlinge aus Syrien oder der Ukraine sind hinzugekommen.“Zu diesen zählt auch die 30-jährige Alla, die mit ihren Kindern in den Gemeindesaal gekommen ist. Sie verstaut Nudeln, Brot und Obst in einer großen Tasche: „Das reicht für drei bis vier Tage“, sagt sie, „für uns ist das eine große Hilfe.“
Informationen über Ausgabestellen der Hannöverschen Tafel sowie über Geld- und Sachspenden oder ehrenamtliches Engagement gibt es auf
www.hannovertafel.de