Sofie Puttfarken thematisiert in „Matrescence“ die Transformation des eigenen Mutterwerdens und erzählt von gesellschaftlichen Urteilen, Erwartungen und Verpflichtungen rund um die Idealisierung der Mutterrolle. Sie verarbeitet in ihren Fotos ambivalente Gefühle in der Elternschaft, die insbesondere Müttern selten zugestanden werden. Auch Amelie Sachs hinterfragt für ihr Projekt „Der Dieb der Weiblichkeit“ bestehende Geschlechterstereotype und arbeitet mit ihren Protagonistinnen und Protagonisten zusammen, um deren gelebte Erfahrungen mit der endokrinen Störung PCOS zu visualisieren. Dabei kritisiert sie unter anderem die strukturell patriarchal dominierende Sichtweise in der Gynäkologie.
In ihrem fotografischen Essay „Fragile as Glass“ dokumentiert Sitara Thalia Ambrosio die Schicksale verschiedener queerer Menschen in der Ukraine. Der vom Krieg überschattete Alltag, die von Russland ausgehende homo- und transfeindliche Propaganda und die Verfolgung queerer Aktivistinnen und Aktivisten bedroht die schwierige Lage der LGBTQ-Community. Auch die jungen iranischen Tänzerinnen aus Shirin Abedis Langzeitprojekt „May I Have This Dance?“ stehen für Selbstbestimmung und Freiheit ein. Seit 1979 ist sinnlicher Tanz in der iranischen Öffentlichkeit verboten. Trotzdem tanzen die Iranerinnen weiter.
In „Von Freud und Leid des Principe Azzurro“ geht Franziska Gilli der Frage nach, wie sehr die Männer in ihrer Heimat Italien von stereotypen Geschlechterrollen profitieren und inwiefern sie auch darunter leiden. Die Mutter ist hier Ikone, gleichzeitig bringt im Land der Kavaliere und Charmeure rund alle drei Tage ein Mann seine Frau oder Ex-Frau um. Simona Bednarek hingegen setzt sich in ihrer Arbeit „Wut will“ mit den vielfältigen Beziehungen auseinander, die Frauen zu ihrer Wut entwickelt haben. Ihnen steht oft nur ein enger Korridor für den Ausdruck von Wut zur Verfügung. Dabei gibt es viele Gründe, um wütend zu sein.
China Hopson visualisiert in „2er Pack“ die Beziehung von Skatenden zu ihrem Board. In einem der größten DIY Skateparks Europas, dem 2er in Hannover Linden, reihen sich auf dem Beton des Platzes Gefühle wie Rausch, Schwerelosigkeit und Glück im ständigen Fluss und Rhythmus der Bewegungen aneinander. Mit Träumen beruflicher Art beschäftigt sich Claudia Krahne in „You can be anything(?)“ und wirft damit die Frage auf, ob Frauen in Deutschland heute nicht nur theoretisch sondern auch praktisch wirklich jede berufliche Laufbahn einschlagen können. Dabei porträtiert sie Frauen, die in ihren jeweiligen Branchen immer noch eine Seltenheit darstellen.
Private Beziehungen finden in drei persönlichen Arbeiten ebenso ihren Platz in der Ausstellung. Mit „All I Remember“ nähert sich Annika Weertz der Scheidung ihrer Eltern fotografisch an, um herauszufinden, ob sich das Erlebnis aus ihrer Kindheit, der emotionale Bruch, in der Gegenwart abbilden und durch die Fotografie greifbar machen lässt. Parallel dazu legt Leona Ohsiek mit „Splitted“ ihren Fokus auf Konflikte zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern. In der Arbeit „I wish the waves were easy on you“ erörtert Thea Marie Klinger Fragen nach Zugehörigkeit in der Mitte der Zwanziger. Ihre Arbeit ist eine Hommage an Freundschaft als politische Praxis und die empowernde Kraft, die ihr zugrunde liegt.
Die Ausstellung in der GAF ist geöffnet von Donnerstag bis Sonntag, jeweils von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Im Rahmenprogramm findet am 14. August ab 19 Uhr in der GAF ein Künstlerinnengespräch mit dem Titel „Weißt du, was ich meine?“ statt. Es geht darum, persönliche Geschichten zu erzählen. Den Abend mit den Fotografinnen Sofie Puttfarken und Annika Weertz moderiert Professor Dr. Karen Fromm von der Hochschule Hannover im Fachbereich Visual Journalism and Documentary Photography.gafeisfabrik.de