Man kann sie kaum übersehen. Man kann sie vor allem kaum überhören: Der Hardrock-Spielmannszug Blaas of Glory interpretiert Klassiker wie Europas „Final countdown“ und „Wind of change“ von den Scorpions auf dem Instrumentarium einer Schützenkapelle. Gerade anfangs, wenn sie nach der Begrüßung des Publikums durch de Vries von der Picknickwiese aufs Gelände ziehen, lohnt es sich, ihnen bis zu ihrer Bühne 17 zu folgen. Die befindet sich direkt an der neuen, sehr hübschen Fontänenbar und damit mitten im Geschehen. Wer hingegen die aus den Vorjahren bekannten Wege beschreitet, schaut erst einmal vor allem auf sehr hübsche, aber auch sehr leere Beete – der vordere Teil des Gartens wird diesmal kaum bespielt.
Desimos Spezial-ClubEine Alternative ist es, gleich bei der Picknickwiese zu bleiben. An deren Ende hat Detlef Simon alias Desimo – eines der wenigen bekannten Gesichter – mit seinem Spezial-Club sein Quartier (Bühne 12). Zweimal am Abend (18.30 und 20.30 Uhr) gibt es eine etwa 45 Minuten währende Zaubershow – solche längeren Programmpunkte gehören zum neuen Konzept. Desimo moderiert ganz bezaubernd.
Michelle Spillner verwandelt leutselig Wasser zu Wein und Gläser zu Flaschen. Und Topas verbindet sehr witzig Magie und Mätzchen. Vor allem aber tritt hier auch Miguel Muñoz auf. Der Weltmeister der Zauberer von 2018 arbeitet mit Wasser, einem der schwierigsten Elemente überhaupt für Illusionisten. Das Ergebnis ist die vielleicht poetischste Nummer des Fests.
GOPAuch das GOP hat eine eigene Bühne bekommen und bespielt – jeweils ab 19.30 und 21.30 Uhr – das Gartentheater (Bühne 10) mit einer 50-minütigen Show. Der hannoversche Regisseur Knut Gminder hat dafür die Erfolgsproduktion „Playback“ von seinem Kollegen Detlef Winterberg überarbeitet und gestrafft. Es gibt in rasendem Wechsel spektakuläre Artistik, während alle Beteiligten Playback singen, was die Show auch noch sehr lustig macht. Wer auf dem restlichen Gelände den hintergründigen Humor der Vorjahre vermisst, wird hier überaus fündig. Vor allem kann man das Kleine Fest wunderbar mit Spezial-Club und GOP beginnen. Dann hat man zwei erstklassige Shows gesehen und die Hälfte des Abends immer noch vor sich.
Miracle Lab„Nieuw Lef“ – neues Leben – verspricht das Miracle Lab (Bühne 47, geöffnet für je eine Stunde ab 18.30, 20 und 21.30 Uhr) an der zentralen Fontänenbar. Am Anfang gibt es erst einmal eine Umarmung, eine von den Guten, die erst aufhören, wenn man sich völlig entspannt und sich in sie fallengelassen hat. Dann geht es mit den ermunternden Worten „Alles wird gut“ für nur eine Minute in den kleinen Wohnwagen, und heraus kommt man wie ein neugeborener Mensch. Details zu verraten, verbietet sich. Man muss das erlebt haben.
Der magische HutEinige Künstler haben fernab der üblichen Wege separierte Gärten als persönliche Wohnzimmer bekommen, so auch der Close-up-Magier André Desery. Um 18.40, 19.50 und 21 Uhr (und nicht, wie im Programm angegeben, durchgehend von 18.30 bis 22.30 Uhr) lässt er ein überschaubares Publikum ein und verblüfft es mit Zauberei, die klein erscheint und großartig ist. Und er plaudert sehr heiter mit seinen Gästen – Publikumsansprache wie hier ist selten auf diesem Kleinen Fest.
Company VayaDer Bereich „Klein“ der Kleinkunst wäre erledigt, jetzt kommt die Kunst: Die zwei Tänzerinnen und der Tänzer der Company Vaya (Bühne 20, ab 18.30 und 20.30 Uhr) umkreisen einander, nähern sich an und entfernen sich voneinander in immer neuen Variationen, erzählen vom Suchen und Finden, zeigen in spielerischer Leichtigkeit Hebefiguren, die jede Schwerkraft aushebeln. Und wenn sich dann noch die omnipräsenten Schmetterlinge im Garten auf die weiße Kleidung der Tanzenden setzen, entstehen Bilder von umwerfender Schönheit.
LeandreEine Clownsnummer, eine Luftnummer, eine Fahrradnummer in lichter Höh‘ – all das bieten Leandre Ribera und seine Partnerin Laura Miralbes bei „Fly me to the Moon“. Und erzählen ganz nebenher die Geschichte einer Beziehung mit allen Höhen und Tiefen, die dazugehören. Sie tun es witzig, poetisch, unangestrengt und in beiläufiger Kunstfertigkeit. So gehen Kleines-Fest-Lieblinge.
Der wichtigste Tipp beim Kleinen Fest bleibt aber: neugierig sein, sich treiben und fallen lassen. Kein noch so wohl geschmiedeter Plan kommt gegen die Schönheit des Moments an, wenn man sich zum Beispiel an den Tischen rund um die Große Fontäne niederlässt und verzaubert einem Walkact folgt. Der nächst wichtige Tipp: jede Chance zum Essen, Trinken, Sitzen und Toilettengang nutzen. Die Gelegenheiten dazu sind rar gesät.