Das ist ja die Höhe!
Um Obst und Gemüse zu züchten, benötigt man viel Platz. Oder nicht? Kräuter und andere Pflanzen kann man auch senkrecht anbauen

Aufrecht: Diese Vertical-Farming-Anlage hängt an der Rückwand von Duschen eines Beachvolleyball-Platzes in Berlin.Foto: Finn Huwald/dpa
Traurig lässt das Basilikum seine Blätter hängen. Das aromatische Küchenkraut braucht einfach mehr Platz, damit seine Pflanze richtig wachsen kann. Aber der Balkon ist schon voll, oder der Platz auf der Terrasse ist zu klein. Dafür gibt es eine Lösung: Vertical Farming (gesprochen: wörtikl farming).

Dieser englische Begriff heißt auf Deutsch so viel wie senkrechte Landwirtschaft. „Es ist ein Modell für die Stadt, weil man dabei auf kleinster Fläche viel produziert“, erklärt die Landschaftsarchitektin Grit Bürgow. Anstatt ein Feld oder ein Beet flächig zu bewirtschaften, werden Pflanzen übereinander angebaut, etwa senkrecht an einer Wand.

Aus den Löchern eines dicken Rohrs wächst dann zum Beispiel Schnittlauch heraus. Das sieht auf den ersten Blick ein wenig merkwürdig aus. Schließlich sprießen die Halme des beliebten Lauchgewächses nicht aus dem Boden, wie man es eigentlich kennt.

Trotzdem können Pflanzen auch senkrecht wachsen. Aber wie geht das genau?

Auf einer Anlage für Vertical Farming in Berlin stehen Kunststoffrohre an einer Holzwand. Dahinter sind Duschkabinen für Sportler installiert. An dieser Wand sprießen Kräuter und Salat. Sie hängen in kleinen Körben. „Das sind Netztöpfe“, sagt die Expertin. „Die Wurzeln wachsen durch das Netz und sehen aus wie ein Haarzopf“, erläutert die Expertin.

An diesen Zöpfen ranken die Pflanzen in die Rohre. Im Netztopf selbst sind die Wurzeln umgeben von Blähton. Das sind kleine braune Kugeln, aus gebranntem kaltarmen Ton, die der Pflanze Halt geben. Das Wasser bekommen die Pflanzen aus der Dusche. Wenn eine Sportlerin oder ein Sportler duscht, wird das Wasser aufgefangen und gesäubert. Danach fließt es in einen Tank für die Pflanzen.

Hier werden noch einige wichtige Nährstoffe dazugegeben. Dann wird das Wasser von oben in die Rohre auf der anderen Seite gepumpt, wo es die langen Wurzeln aufnehmen.Dadurch, dass man in die Höhe pflanzt, benötigt man nur ganz wenig Platz. „Wir können hier pro Flächeneinheit ungefähr zehnmal mehr produzieren wie horizontal auf einem Feld“, erklärt Bürgow. Durch den ständigen Wasserkreislauf sind die Pflanzen versorgt. So kann man auch viele Pflanzen mehrfach im Jahr ernten. „Schnittlauch kann man einfach kurz schneiden und dann wächst der wieder nach“, erzählt Bürgow. Die an der Duschwand wachsenden Kräuter werden in einer Bar verwendet. Viel frischer geht es nicht.

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