Hauptbahnhof erhält zweiten Tunnel
Besserer Umstieg und Stadtanbindung: Umstrittene Lösung
mit dem riesigen Treppenturm hinterm Hauptbahnhof ist vom Tisch

Zweite Personenquerung Hauptbahnhof Hannover: So wie in dieser skizzenhaften Visualisierung könnte die künftige Umsteigeanlage durch die Bahnunterführung Lister Meile („Posttunnel“) westlich vom Hauptbahnhof aussehen.Visualiserung: DB InfraGo
Hannover. Es wird eines der Großprojekte für den Deutschlandtakt der Bahn und die Verkehrswende in Deutschland: Am Hauptbahnhof Hannover muss die Umsteigeanlage zwischen den Bahnsteigen erweitert werden, um täglich rund 100.000 Menschen zusätzlich aufzunehmen.

Im Frühsommer hat es erheblichen Ärger gegeben, weil Bund und Bahn dafür unter anderem eine riesige gerüstartige Treppenturmanlage über alle Gleise vorgeschlagen hatten. Stadt- und Bundespolitik waren entsetzt, es gab böse Briefe und Gespräche. Jetzt ist die Kuh vom Eis. Oder genauer: das Gerüst vom Gleis.

Statt des Treppenturms, neudeutsch auch Skywalk tituliert, soll es nun eine Lösung mit einem sogenannten zweiten Tunnel geben, der außer verbesserten Umsteigewegen zugleich auch eine gute Verknüpfung zu Stadtbahn- und Busverkehr sowie zur Innenstadt bietet.

Und wem ist zu verdanken? Nach Darstellung von Bund und Bahn ist die jetzt gefundene Lösung ganz unspektakulär das Ergebnis der Abwägung vorgeplanter Varianten nach Kriterien, die vorher schon feststanden. Subtext: Die Aufregung wäre nicht nötig gewesen.

Nach Darstellung der Politik zeigt sich, dass „hartnäckiges Engagement in der Verkehrspolitik konkrete Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger bringt“, wie die Grünen-Bundestagsabgeordnete Swantje Michaelsen schreibt. Tatsächlich hatten sich parteiübergreifend Bundespolitiker von SPD (Adis Ahmetovic) über CDU (Hendrik Hoppenstedt) bis Grüne (Swantje Michaelsen) für die jetzt gefundene Lösung eingesetzt. Auch die Stadtspitze um Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) und Stadtbaurat Thomas Vielhaber (SPD) hatte scharf interveniert.

Bisher gehen alle Menschen, die die Gleise wechseln oder ein- oder aussteigen wollen, durch die zentrale Passage des Hauptbahnhofs. Das sind bei 750 Zügen täglich heute schon 100.000 Bahnkunden am Tag. Hinzu kommen 80.000 weitere Menschen, die etwa beim U-Bahn-Umstieg durch den Hauptbahnhof eilen. Mit der für die Verkehrswende erhofften Ausweitung des Bahnverkehrs und dem Anbau zweier zusätzlicher Gleise sollen es rund 100.000 Menschen mehr werden, damit also mindestens eine Viertelmillion am Tag. Für sie alle wird der Haupttunnel zu eng. Die jetzt favorisierte Lösung: Von jedem Bahnsteig aus wird eine zweite Möglichkeit zum Gleiswechsel und zum Verlassen des Bahnhofs geschaffen. Diese Umstieganlage, in formalem Bahndeutsch „Zweite Personenquerung für kürzere Umsteigezeiten“, wird jetzt über Zugänge zur Straße Lister Meile erreicht, der Unterführung zwischen Hauptbahnhof und Ernst-August-Galerie im Westen des Ernst-August-Platzes.

Dort werden von jedem Bahnsteig aus zwei Treppen gebaut und zusätzlich Aufzüge. Die historische Bahnbrücke muss ohnehin in Kürze komplett erneuert werden, sodass die Arbeiten kombiniert werden können. Von der Unterführung aus, im Volksmund wegen der einstigen Lage der Hauptpost auch „Posttunnel“ genannt, erreicht man sowohl den Busbahnhof ZOB, zwei nahe Stadtbahnstationen sowie die Fußgängerzone.

Ute Plambeck, Bahn-Konzernbevollmächtigte im Norden, sagt: „Die zweite Personenquerung ermöglicht es unseren Fahrgästen, schneller und bequemer die Anschlusszüge zu erreichen.“ Man mache so den Hauptbahnhof „fit für den Deutschlandtakt“. Gut sei, dass so „auch die städtebaulichen Wünsche der Stadt“ berücksichtigt seien.

Oberbürgermeister Onay lobt: „Glücklicherweise bleibt Hannover eine überdimensionierte Brücke über die Gleise erspart.“ Die jetzt gefundene Lösung sei „richtungsweisend“.

Wann der Umbau beginnt, ist unklar. Die jetzt gefundene Variante ist zunächst eine Festlegung auf die Planungsart. Insgesamt investieren Bund und Bahn rund zwei Milliarden Euro in den Ausbau des Hauptbahnhofs inklusive der beiden neuen Gleise.

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