„Sie können in Hannover die Eheschließung digital anmelden und das Wohngeld digital beantragen oder Unterlagen für den Unterhaltsvorschuss digital einreichen“, schwärmte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder kürzlich bei der Vorstellung der Ergebnisse. „Man könnte sagen: Das sollte doch selbstverständlich sein – ist es aber leider nicht in Deutschland.“
Er bezeichnete Hannover abwechselnd als „Aufsteiger des Jahres“ und „Shooting-Star des Jahres 2025″. Hannover sei Best-Practice-Vorbild für andere Städte, weil es gezeigt habe: „Man kann bei der Digitalisierung mit entschiedenem Handeln innerhalb kurzer Zeit viel bewegen.“ Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) hatte 2019 für die Digitalisierung eigens eine Stabstelle im Oberbürgermeisterbüro eingerichtet. Die Strategie trage nun offenbar Früchte, so Rohleder.
Die Entwicklung in Hannover sei so rasant verlaufen, dass „wir das erst gar nicht glauben wollten“, sagte Rohleder: „Wir haben zweimal nachgerechnet.“ Aber die Ergebnisse seien eindeutig. In Hannover ließen sich mittlerweile 94 Prozent der vom Online-Zugangsgesetz (OZG) definierten Verwaltungsleistungen digital erledigen.
Hinzu kämen Best-Practice-Beispiele, von denen sich andere Städte viel abschauen könnten, heißt es bei Bitkom. So etwa die Beteiligungsplattform „Mitreden Hannover“, in der Bürger auch digital Ideen zur Stadtentwicklung einbringen können. Man habe selbstkritisch festgestellt, dass oft sehr ähnliche Bürgergruppen an abendlichen Treffen etwa zu Stadtentwicklungs- und Verkehrsthemen teilnehmen. Oft sind es gut gebildete ältere Menschen mit viel Zeit, selten dagegen berufstätige Eltern mit kleinen Kindern oder Menschen, die ungern öffentlich in großen Gruppen reden. Deshalb hat Hannover die Online-Plattform „Mitreden Hannover“ gegründet, in der sich Menschen an Diskussionen beteiligen können, ohne vor Ort zu sein. Mehr als 20 Projekte seien dort bereits abgeschlossen, lobt Rohleder. An diesem Beispiele sehe man, wie „Digitalisierung die Demokratie verbessern“ könne.
Außerdem genannt werden ein verbessertes Umweltmonitoring und Verkehrssteuerungen bis hin zur engmaschigen Einführung des 5G-Mobilfunkstandards, der ein hochgenaues Positionierungssystem für den öffentlichen Raum schaffen soll. Hannover misst an Hunderten Stellen in der Stadt die Bodenfeuchte mit Sensoren und macht die Daten allgemein verfügbar – ein wichtiges Element bei der Vorbeugung gegen Folgen von Starkwetterereignissen. Denn wenn Böden mit Wasser schon übersättigt sind, können sie keinen Regen mehr aufnehmen und das Wasser muss anders abgeleitet werden.
Hannover hat zuletzt gezielt Förderanträge für Smart-City-Projekte beantragt, daran arbeitet insbesondere das Hannovativ-Team in der Stabstelle des Oberbürgermeisterbüros. So wurden unter anderem Millionenzuschüsse für den Umbau der Prinzenstraße mit ihrer Zisternenbewässerung eingeworben oder Fördergelder für die smarte Lichtsteuerung am Maschsee, die auf Insekten Rücksicht nimmt und zugleich Wetterdaten erfasst.
Seit 2019 untersucht der Digitalverband Bitkom, wie die deutschen Großstädte bei der Digitalisierung ihres Bürgerservices und der Kommunalverwaltung vorankommen. 163 Aspekte bewertet der Smart-City-Index. Nach Bitkom-Angaben wurden 13.529 „Datenpunkte“ in den 83 Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern überprüft und ausgewertet.
An der Spitze stehen München und Hamburg. Auf Platz 3 hat sich Stuttgart an Köln vorbeigeschoben. Aufgestiegen in die besten zehn der Digitalstädte sind in diesem Jahr außer Hannover auch Düsseldorf, Heidelberg und Leipzig, abgestiegen sind Dresden, Freiburg, Lübeck und Ulm.
In Hannover löste die gute Nachricht naturgemäß Freude aus. Der für die Digitalstrategien der Verwaltung zuständige Personaldezernent Lars Baumann (Grüne) betonte in einer ersten Stellungnahme: „Der Aufstieg Hannovers in die Top Ten ist auch das Ergebnis harter Arbeit in der Verwaltung. Wir haben konsequent an der Standardisierung, Automatisierung und Nutzerfreundlichkeit unserer digitalen Angebote gearbeitet.“ Die Bestätigung durch Bitkom sei „Ansporn, die nächsten Schritte noch schneller zu gehen“.
Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte, der Erfolg im Ranking zeige, „dass unsere Strategie für eine digitale, nachhaltige und lebenswerte Stadt Wirkung entfaltet.“ Digitalisierung sei für die Stadt „kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, um die Lebensqualität der Menschen in Hannover zu verbessern – von der modernen Verwaltung bis hin zu smarten Mobilitätslösungen. „Onay ist jetzt eingeladen, auf einer Bitkom-Konferenz Ende September in Berlin zu erklären, wie er es geschafft hat, Hannover zur sich am schnellsten digitalisierenden Stadt Deutschlands zu machen“, so Bitkom-Chef Rohleder.
Stadtbaurat Thomas Vielhaber (SPD), zuständig unter anderem für die Verkehrstechnik, sagte: „Der Einsatz von Daten und Technologie ist heute ein integraler Bestandteil der Stadtentwicklung. Smarte Technologien helfen uns, Mobilität neu zu organisieren, Energie effizienter einzusetzen und die Stadt nachhaltiger zu gestalten.“