Freiraum und Rückzugsort in einem?Warum Raumbildung im Garten so wichtig ist
Viele Menschen suchen eine Auszeit vom Alltag – diese lässt sich mit ein paar Tricks im Garten finden. Ob Ihr Garten Wohlbefinden vermittelt,
hängt von der Ausstrahlung seiner Räume ab. Sie sind der Schlüssel für einen angenehmen Aufenthalt unter freiem Himmel.

Ein Ort voller Geborgenheit: Mit der richtigen Gestaltung wird der Garten zur gemütlichen Wohlfühloase. Foto: Juergen Loesel

Was macht einen gelungenen Garten aus? Wann wirkt er einladend und vermittelt Atmosphäre? Einfach ein paar Pflanzen zu verteilen und die Fläche mit Gartenmöbeln, Wasserspielen oder einem Grill zu ergänzen, reicht nicht. Die Basis bilden Räume, in denen man sich behütet statt verloren fühlt.

Ist eine Bank vor Wind geschützt und bei Bedarf beschattet? Welche Aussicht bietet sie? Die Liste der Fragen und Bedürfnisse ließe sich fortsetzen und sie ist je nach Garten und Nutzung verschieden. Das „gute Gefühl“, das ein Garten vermitteln soll, lässt sich durch angemessen proportionierte Räume planen.

Dabei spielt das dreidimensionale Denken und Erleben eine Schlüsselrolle: Neben Terrassen oder Wegen, die nur in der Fläche wirken, prägt die Krone eines Baums oder das Dach eines Pavillons den Freiraum. Die zweidimensionale Draufsicht eines Plans vermittelt auf den ersten Blick zwar die Anordnung und die Farben einzelner Elemente, aber nicht deren raumbildende Wirkung. Für die Atmosphäre eines Gartens ist diese dritte Dimension wichtiger als die Blütenfarbe einer Rose.

Die Gliederung des Gartens gehört zur Raumbildung und macht ihn interessanter. Wer das Grundstück vielseitig gestaltet, vermeidet Langeweile und kann zu unterschiedlichen Nutzungszwecken passende Bereiche schaffen. Je nach Lebenssituation ist eine größere Rasenfläche als Spielwiese für Kinder wichtig. Hier geht es um Freiraum, Gemütlichkeit ist hier zweitrangig. Die kann dafür ein durch eine Hecke oder ein Rankgerüst abgeschirmter, introvertierter Sitzplatz bieten, der im Schatten einer Baumkrone oder Pergola liegt.

Der Wechsel zwischen offenen und privateren Räumen im Garten vermittelt mögliche Nutzungen gestalterisch und ohne Worte: Dass der Rasen zur Spielwiese werden kann und der lauschige Sitzplatz als Rückzugsort dient, bedarf keiner Erklärung.

Auch kleine Grundstücke profitieren davon, wenn sie in unterschiedliche Räume gegliedert werden. Sie wirken größer als eine vergleichsweise monotone Fläche, die komplett überblickt werden kann und nur nach außen durch eine hohe Hecke oder einen Zaun begrenzt wird.

Damit die Gratwanderung zwischen Freiheit und dem Bedürfnis nach Privatsphäre gelingt, kommen unterschiedliche und teils subtile gestalterische Elemente zum Einsatz. Höhenunterschiede sorgen unauffällig für Struktur und vermitteln dennoch klare Botschaften: Liegt ein Sitzplatz beispielsweise nur ein wenig tiefer, entsteht ein Gefühl von Geborgenheit. Zugleich vermittelt schon eine einzige Stufe, dass ein neuer Raum mit anderer Nutzung und Atmosphäre beginnt.

Oft erfüllen raumbildende Elemente mehrere Funktionen: Eine Mauer gliedert ein Gelände nicht nur, sondern kann je nach Höhe auch als Sitzbank dienen. Ist sie höher gebaut, schützt sie zusätzlich vor Wind und Blicken und kann durch wilden Wein, Efeu oder Kletter-Hortensien begrünt werden. Werden Räume innerhalb des Gartens gegliedert, können dafür auch Hochbeete verwendet werden. Da sie maximal hüfthoch sind, sorgen sie für Struktur, ohne den jeweiligen Bereich komplett abzuriegeln.

Die Jahreszeiten erleben, sich am Puls der Natur fühlen – das geht umso besser, wenn Pflanzen präsent sind. Sie sind wichtige Verbündete für das Entwerfen von Gartenräumen. Pergolen oder Wände werden nicht nur von kletterndem Wein, Blauregen oder Waldreben erobert, sondern bilden auch selbst Räume. Das Gefühl, unterhalb einer Baumkrone oder hinter einer Hecke gut aufgehoben zu sein, kann jeder nachempfinden.

Dabei sind nicht nur die Arten und Sorten vielfältig, sondern längst auch deren Formen. An Sitzplätzen können dachförmig gezogene Spaliere vom Amberbaum (Liquidambar styraciflua) oder dem Eisenholzbaum (Parrotia persica) den Sonnenschirm ersetzen. Wird eher ein Raumteiler gewünscht, kommen vertikale Spaliere zum Einsatz, die auch als Sichtschutz fungieren können. Am Spalier gezogene Gehölze kosten mehr, schenken dafür aber Zeit, da sie ihre raumbildende Wirkung schon im Jahr der Pflanzung entfalten.

Alternativ übernehmen Hecken diese Funktion oder hoch wachsende Stauden und Gräser. Letztere treiben jeden Frühling wieder neu aus und eignen sich für Räume, die zeitweise durchlässiger strukturiert sein dürfen. Hoch wachsende Arten wie Chinaschilf (Miscanthus) oder Wasserdost (Eupatorium) lassen sich als Raumbildner auf Zeit einsetzen. Innerhalb des Gartens, wo kein ganzjähriger Sichtschutz benötigt wird, schenken sie dem Freiraum eine zusätzliche Facette.

Anders als bei einem Zaun oder einer Mauer verändert sich der von ihnen definierte Raum mit den Jahreszeiten. Auch das trägt zum besonderen Reiz eines Gartens bei: Seine Zimmer sehen jeden Tag ein wenig anders aus.





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