Aus dem Keller ins Tomorrowland
DJ Limitlezz startet in der Szene für elektronische Tanzmusik durch. Zuletzt legte er bei einem der größten Elektrofestivals der Welt auf.

Stolz, Hannover international zu repräsentieren: DJ Limitlezz wuchs in Linden auf – und legte am 19. Juli auf dem Tomorrowland-Festival in Belgien auf. Foto: Irving Villegas

Für das Foto greift Limitlezz nach einer anderen Sonnenbrille, einer mit dunklen, breiten Gläsern. „Damit fühle ich mich wohler“, sagt er und lächelt verlegen, bevor er für die Kamera posiert. Der junge DJ aus Hannover – weiße Sneaker, schwarze Baggyhose, Silberkette, blondierte Tolle – will nicht zu viel von sich preisgeben. Auch seinen bürgerlichen Namen möchte er nicht in den Medien lesen. Er wolle Kunstfigur und Privatperson trennen, sagt Limitlezz. „Ich habe noch nicht so viele Interviews gegeben“, fügt er fast entschuldigend hinzu.

Dabei ist seine Geschichte außergewöhnlich. Als Teenager begann er im Keller seiner Eltern in Hannover, Beats und Remixes zu produzieren. Wenige Jahre später tourt er um die Welt, seine Songs werden millionenfach gestreamt. Am vergangenen Samstag legte er auf dem Tomorrowland in Belgien auf – mit 600.000 Besuchern eines der größten Festivals der Welt. „Für mich ist da ein Traum wahr geworden“, sagt Limitlezz. „Ich bin immer noch sprachlos.“

Kurz schien der Traum zu zerplatzen: Zwei Tage vor Festivalbeginn brannte die Hauptbühne des Tomorrowland vollständig ab. „Das war ein Riesenschock. Ich hatte Angst, dass das Festival abgesagt wird“, erzählt der Musiker. Doch in Rekordzeit entstand eine Ersatzbühne.

Limitlezz trat zwar nicht auf der Mainstage, der Hauptbühne, auf. Doch dafür auf der Elixir Stage am Wasser – einem 21 Meter hohen Bauwerk in Kapellenoptik mit opulenter Lilie auf dem Dach. „Die Bühnen waren so aufwändig gestaltet“, schwärmt er. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

Wie wird man in wenigen Jahren vom Hobby-DJ zum Star-Act auf dem größten Festival der Welt für elektronische Tanzmusik (EDM)? Geboren in Gütersloh, zog der Sohn griechischer Eltern über Hildesheim nach Hannover. Elf Jahre lebte er in Linden. Heute wohnt er in Dubai, besucht aber regelmäßig seine Familie in Hannover – wenn er nicht gerade auf den Bühnen der Welt steht. „Eigentlich lebe ich im Flieger“, sagt er lachend.

Musik spielte immer eine Rolle in seinem Leben. Er lernte Klavier, Gitarre und Bouzouki, eine griechische Bassgitarre. Doch als Teenager zog ihn die Welt der DJs in den Bann. „Auf Partys hat mich fasziniert, wie sie die Stimmung steuern konnten“, erzählt er. Er kaufte sich eine kleine DJ-Konsole und übte im Keller seiner Eltern mit einem kostenlosen Programm.

Seine Vorbilder waren Weltstars der Branche wie Major Lazer, DJ Snake – und DJ Kybba. Der italienische Producer aus Amsterdam gilt als Pionier des Basshall-Genres, einer Mischung aus Reggae, Dancehall und Dubstep, angereichert mit lateinamerikanischen und europäischen Elementen. „Ich bin zufällig auf seinen YouTube-Kanal gestoßen und war sofort fasziniert“, erinnert sich Limitlezz. Er begann, Basshall-Remixes zu bauen und schickte Kybba die Audiodateien. „Am Anfang kam nie eine Antwort“, sagt er und lacht. „Ich konnte es verstehen, die ersten Tracks waren schlecht.“ Doch er blieb dran. „Nach ungefähr 19 Versuchen fand Kybba einen Remix gut und hat geantwortet.“ Von da an ging es schnell. Der Kontakt wurde intensiver, Kybba und Limitlezz arbeiteten zusammen an Musik. 2019 erschien der erste gemeinsame Remix, es folgten zahlreiche weitere. Plötzlich war Limitlezz ein Name in der internationalen EDM-Szene. Er veröffentlichte Songs mit dem schillernden US-Rapper 6ix9ine und dem jamaikanischen Dancehall-Star Busy Signal, der 2013 zusammen mit Limitlezz‘ Idol Major Lazer den Megahit „Watch out for this“ landete. Vor zwei Jahren begann Limitlezz, seine Remixes auf Social Media zu posten – ein Karrieresprungbrett. „Mit TikTok ist alles möglich“, sagt er grinsend. „Mein Kanal ging mit einer Geschwindigkeit durch die Decke, mit der ich niemals gerechnet hätte, innerhalb von einem halben Jahr.“ Heute werden seine TikTok-Videos millionenfach geklickt, 950.000 Menschen folgen ihm. Auf Spotify hat er fast eine Million monatliche Hörer. Doch Likes, Follower und Streamingzahlen können abstrakt sein. Erst auf seiner Welttournee im Frühjahr begriff Limitlezz das Ausmaß seiner Popularität.

Eine ausverkaufte Show in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá prägte sich ein. „Da standen 1000 Leute, haben meinen Namen gerufen, mich gefilmt“, erzählt er ehrfürchtig, während er eine halbleere Wasserflasche in seinen Händen knetet. „Da habe ich erst realisiert: Wie krass ist das? Ich komme aus Linden, und auf der anderen Seite der Welt hören Menschen meine Musik und feiern mich als Künstler.“

Lange bleibt er nicht in Hannover. Anfang August geht es weiter in die Türkei, danach nach Zypern, Belgien, Griechenland und Österreich. Das Kellerstudio in Linden wird gerade trotzdem neu eingerichtet – für den nächsten Heimatbesuch.

Druckansicht