Genauso wie in Deutschland immer noch feinsäuberlich zwischen E-Musik (ernste Musik) und U-Musik (Unterhaltungsmusik) unterschieden wird, teilt man hierzulande Gärten auch gern in die Kategorien Zier- und Nutzgarten ein. Während man in letzterem in erster Linie Gemüse, Obst und Kräuter für den eigenen Verzehr anbaut, wird der Ziergarten vor allem aus gestalterischen und ästhetischen Gründen angelegt. Er dient der Erholung, Verschönerung des häuslichen Umfelds und manchmal auch der Repräsentation. Dementsprechend liegt das Augenmerk bei der Pflanzenauswahl hier besonders auf deren Farben, Formen und Düften.
Natürlich gibt es auch viele Gartengrundstücke, auf denen man beide Konzepte findet. Zumeist zeigt sich aber, dass auch in diesen Fällen eine ganz klassische Gliederung besteht: Während Blumen und Ziergehölze in dem einen Gartenteil wachsen, stehen Gemüse, Kräuter und Obst in anderen Beeten in Reih und Glied. Vielfach werden die beiden Bereiche zusätzlich noch mit Hecken oder Zäunen getrennt. „Eine solche Aufteilung lässt sich bei großen Flächen gut bewerkstelligen, bei kleineren ist das eher schwierig“, sagt Dr. Michael Henze vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL). „Gartenbesitzende, denen nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht, verzichten daher heute zumeist komplett auf den Anbau von Kohlrabi, Rhabarber und Co. Mit einer guten Planung und dem Aufheben der strikten Trennung zwischen Nutz- und Zierpflanzen könnten aber auch sie durchaus Leckeres für die Küche auf dem eigenen Grundstück ernten. Und der Garten wird dabei ganz sicher nicht seine Attraktivität verlieren - ganz im Gegenteil.“
Die Idee, Nutz- und Zierpflanzen miteinander zu kombinieren, ist nicht wirklich neu. So entstanden bereits im England des 18. Jahrhunderts die sogenannten Cottage-Gärten als Gegenentwurf zu den Landschaftsparks der Herrenhäuser. Das Besondere daran: Auf einer relativ kleinen Fläche wachsen hier eine Vielzahl an Pflanzen scheinbar wild durcheinander. Neben zahlreichen Rosen und Stauden wie Sonnenauge oder Rittersporn findet sich auch Gemüse wie etwa Mangold und Rosenkohl, das nicht nur in der Küche verwertet werden kann, sondern auch äußerst dekorativ ist und den Vergleich mit Blattschmuck- oder Prachtstauden nicht scheuen muss. „Wird etwas geerntet, sollte immer möglichst bald nachgepflanzt werden, damit keine Lücken entstehen“, erläutert Henze. „Dieser Überschwang an verschiedensten Gewächsen zielt darauf ab, dass der Garten zu jeder Jahreszeit ein ansprechendes Bild voller Farben und Formen zeigt. Schmale Wege und kleine Hecken aus Buchsbaum oder Lavendel, die die Beete umranden, verleihen der üppigen Pflanzenvielfalt Ordnung und das Flair eines klassischen Bauerngartens.“
Eine Grundidee des Übertragens eines Cottage-Gartens auf kleine Flächen, nutzt die sogenannte Mischkultur. Hierbei liegt der Schwerpunkt allerdings bei den essbaren Pflanzen. In Beeten, die entsprechend gestaltet sind, stehen sie nicht reihenweise, sondern wechseln sich ab. Das hat viele Vorteile: Kombiniert man beispielsweise hochwachsenden Kohlrabi mit buschigem Pflücksalat oder tiefwurzelnden Rettich mit Flachwurzlern wie Feldsalat, kommen sich die Pflanzen nicht in die Quere und der zur Verfügung stehende Bereich kann bestmöglich genutzt werden.
Farbige Highlights lassen sich in einer Mischkultur zusätzlich durch Blumen wie Kapuzinerkresse oder Ringelblumen setzen. Ihre Blüten sind nicht nur dekorativ, sondern tatsächlich auch essbar und bereichern den Speiseplan so ebenfalls. Außerdem ziehen sie vermehrt Bienen und Hummeln ins Beet. Diese kleinen Helfer bestäuben dann nicht nur die blühenden Schönheiten, sondern auch zahlreiche Nutzpflanzen wie Tomaten, Erdbeeren oder Zucchini. Das erhöht die Erntemenge und kann sogar deren Qualität positiv beeinflussen.
Ein weiteres Beispiel für das Landhaus-Flairim eigenen Garten: die Kräuterspirale. Ob trockenheitsliebender Rosmarin oder durstiges Basilikum - durch die besondere Bauweise finden selbst Küchen- und Heilkräuter mit ganz unterschiedlichen Standortansprüchen darin optimale Wachstumsbedingungen vor. Traditionell werden die Spiralen als Trockenmauer aus Natursteinen gebaut und können ein echtes optisches Highlight beispielsweise direkt neben der Terrasse oder dem Grillplatz sein. „Bei einem solchen Objekt wird es dann schon schwer, zwischen Nutz- und Ziergarten zu unterscheiden“, so Henze. „Und auch wenn es um das Thema Gehölze geht, ist eine solche Trennung meiner Meinung nach gänzlich unnötig. Fruchttragende Bäume und Sträucher sind genauso attraktiv wie Ziergehölze und können daher überall im Garten eingesetzt werden. Auch eine Kombination ist durchaus möglich.“
Beerensträucher gehören beispielsweise zu den Klassikern in jedem Nutzgarten. Steht nur wenig Fläche zur Verfügung, kann man Stachelbeeren, Johannisbeeren und Co. auch als schmückende Hecke an die Grundstücksgrenze setzen. Als Obstgehölze für moderne Stadt- und Reihenhausgärten eignen sich Buschbäume, Spindeln oder schlanke Säulenbäume. Sie sind auf schwachwüchsigen Unterlagen veredelt, benötigen weniger Platz und wachsen zudem besonders formschön. Auch Spalierobst ist äußerst dekorativ und kann platzsparend direkt an der Hauswand oder an einer Mauer kultiviert werden. Für wunderbare Gartenbilder und gleichzeitig eine schmackhafte Ernte können auch Kletterpflanzen wie Wein und Kiwi sorgen, die ebenfalls Wände oder eine Pergola begrünen.