Er hat sich zuletzt rar gemacht in der Stadt, die seinen Namen trägt. Doch jetzt ist er ins Schloss Herrenhausen zurückgekehrt: Ernst August Prinz von Hannover präsentiert sich stilvoll im dunklen Anzug und mit Krawatte – und er ist aus besonderem Anlass hier.
„Unsere Familiengeschichte ist mit der Geschichte der Stadt eng verwoben“, sagt der 41-Jährige. Darum ist es Ehrensache für den Welfenspross, der mit seiner Frau Ekaterina und den vier Kindern meist in Österreich lebt, bei der Wiedereröffnung des umgestalteten Museums im Schloss dabei zu sein.
Prunkstücke der neuen Ausstellung dort sind die vier „Goldenen Kutschen“, die im Besitz seiner Familie sind. Bislang wurden diese als Dauerleihgaben im Historischen Museum präsentiert. Dieses ist jetzt sanierungsbedingt geschlossen. Darum sind die historischen Vehikel mit Ernst Augusts Segen ins Schloss umgezogen, wo sie voraussichtlich bis 2030 als Highlights der Ausstellung „Vier Kutschen, ein Königreich – Hannover 1814 – 1866“ zu sehen sein sollen.
„Ich habe mich sehr über diesen Vorschlag gefreut“, sagt Ernst August. „Die Kutschen sind echte Lieblingsstücke vieler Hannoveraner – es freut mich sehr, dass sie trotz der Sanierung für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben.“ Die Wiedereröffnung des Schlossmuseums nach zehnmonatigem Umbau ist ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr zum 350-jährigen Bestehen des Großen Gartens. „Wir feiern dies als Kulturhauptstadt der Herzen“, sagt Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). „Es ist absolut sinnfällig, die Kutschen hier in Herrenhausen auszustellen.“
Im umgebauten Museum können Besucher und Besucherinnen jetzt durch den Ostflügel direkt in den Großen Garten gehen. Bislang hatten sie den Umweg über den seitlich gelegenen Fürstlichen Blumengarten nehmen müssen.
Die meisten Museumsstücke sind nun aus dem Ostflügel verschwunden. Ein Modell zeigt hier den Großen Garten, den die Stadt den Welfen 1936 abgekauft hat. Von den Decken hängen Banner mit Gartenfotos. Dieser Teil des Gebäudes hat sich vom Museumsflügel zum Eingangsfoyer für die barocke Gartenanlage gewandelt. Eine Visitenkarte, die Lust auf das barocke Grün machen soll.
Die Kutschen haben ihr neues Domizil hingegen im (klimatisierten!) Westflügel des Schlosses gefunden, der damit fraglos zur edelsten Parkgarage der Stadt avanciert ist.
„Sie kehren an den Ort zurück, wo sie bis in die Fünfzigerjahre präsentiert worden sind“, sagt Ernst August von Hannover zufrieden. Tatsächlich waren die Kutschen bis dato in der einstigen Meierei in Herrenhausen zu sehen, ehe sie zunächst nach Celle und dann 1966 in Hannovers Historisches Museum umzogen.
Für die Welfenherrscher waren die Kutschen nicht nur schnöde Fortbewegungsmittel, sondern auch Vehikel zur Selbstinszenierung. Sie dienten der monarchischen Repräsentation. Nicht von ungefähr sieht der berühmte „Staatswagen Nr. 1″, in dem Georg IV. 1821 durch Hannover fuhr, wie ein Glitzerspielzeug aus Cinderellas Märchenwelt aus.
Der Ururururgroßonkel von Ernst August junior war ein rechter Bruder Leichtfuß. Ein Dandy, der gern im Luxus schwelgte. Neben seinem Porträt hängt im Museum ein Bild seiner Gattin Caroline. „Sie hatte viel zu leiden“, sagt Ernst August beim Rundgang mitfühlend. Tatsächlich war die Ehe seiner weitläufigen Verwandten ein Desaster. Bei seiner Krönungszeremonie in London sperrte Georg IV. seine Frau aus, indem er ihr die Türen der Westminster Abbey vor der Nase zuschlagen ließ – zur Freude der feixenden Volksmenge.
Die Ausstellung zeigt Bilder von Caroline und anderen Welfenfrauen als giftgrün grundierte Porträts auf Plexiglas – um einen Blick auf die weibliche Seite der Geschichte zu lenken. Neben Genderaspekten rückt das Museum auch Kolonialismus in den Fokus: An Medienstationen informiert es darüber, wie eng auch bei den Welfen höfische Kultur und das Streben nach kolonialen Besitzungen miteinander verwoben waren.
Der unterirdische Verbindungsgang zwischen den Schlossflügeln taugte als langer, schmaler Raum seit jeher eher zum Schießstand oder zur Kegelbahn denn als Museumssaal. Jetzt wertet eine weitere prächtige Leihgabe von Ernst August den Gang auf.
Kurator Andreas Urban hat dort die fast acht Meter lange „Revue von Bemerode“ platziert.
Das rund acht Meter lange Gemälde zeigt eine Truppenparade anno 1735. „Diese sollte demonstrieren, wie schlagkräftig die kurhannoversche Armee ist – doch sie war auch ein gesellschaftliches Ereignis“, erklärt Urban.
Hannover und die Welfen verbindet eben eine vielfältige Geschichte. Auch darum wünscht Ernst August dem wiedereröffneten Museum viele Besucher: „Die Gärten, das Schloss und eben auch die Kutschen bilden ein kulturelles Erbe“, sagt er. „Wir wollen es gemeinsam bewahren und weitergeben.“
Das Museum im Schloss