Andreas Toba lässt los
Hannovers Turn-Star und „Hero de Janeiro“ verabschiedet sich mit 34 Jahren bei der EM

Nach vier Olympischen Spielen und zig wichtigen Wettkämpfen: Andreas Toba beendet beider EM in Leipzig seineinternationale Karriere. Foto: dpa/Marijan Murat

Das Loslassen ist Andreas Toba nur am Gerät leicht gefallen. Am Reck, an den Ringen, dem Barren oder Pauschenpferd. Hannovers Turn-Star hätte liebend gern weitergemacht, trotz seiner 34 Jahre. Aber der Körper sendet klare Signale, Toba war öfters verletzt. Zumindest international hört der viermalige Olympionike nun auf, nach der am 26. Mai beginnenden Europameisterschaft in Leipzig ist Schluss. Es soll der perfekte Abschluss werden, sagt der Mann vom TK Hannover: „Das bedeutet mir unglaublich viel, alles ist genau richtig. Es könnte keine bessere Bühne geben.“ Gute Nachricht für Hannover: Toba wird hier NTB-Landestrainer am Stützpunkt.

In den vergangenen zwei bis drei Wochen „hatte ich oft einen Kloß im Hals“, räumt der Döhrener ein: „Es sind viele kleine letzte Male. Das ist schwer in Worte zu fassen.“ 30 Jahre lang hat Toba geturnt, war früher vom ebenfalls überaus erfolgreichen Vater Marius kaum aus der Halle zu bekommen. „Turnen ist das, was ich sehr, sehr, sehr dolle liebe. Natürlich fällt mir das jetzt alles schwer“, sagt Andreas Toba, der Vize-Europameister von 2019 an den Ringen.

Die Olympischen Spiele in Paris im vergangenen Jahr waren seine letzten, Toba hatte sich nach Kreuzbandriss im Knie zurückgekämpft und war rechtzeitig in Form. Heldenstatus erlangte er bei den Spielen in Rio de Janeiro. Er trat trotz eines nur wenige Minuten zuvor erlittenen Kreuzbandrisses am Pauschenpferd an und half der deutschen Riege ins Finale. „Ich habe mehr erreicht, als ich es mir je erträumt habe. Ich spüre große Dankbarkeit“, so Toba.

Der amtierende deutsche Meister am Reck und Vize im Mehrkampf und am Barren hatte öfter mit seinem Vater über das Karriereende gesprochen. „Er hat mir geraten, das zu tun, solange ich noch schön turnen kann“, sagt Toba schmunzelnd. Ausgerenkte Daumen, verrenkte Schultern und vielerlei andere Blessuren – damit konnte Toba nicht nur umgehen. Er bekam sie gut in den Griff wie das Reck, sein Spezialgerät, an dem er drei Meistertitel gewann. Schmerzen gehörten für den TKH-Athleten eben dazu im Hochleistungssport. Meistens war Toba stärker.

Die gesamte Familie ist wegen des Rücktritts tieftraurig, so Toba: „Aber sie sind zugleich froh, weil sie wissen, wie unglaublich viel ich investiert habe. Auf meinem Weg habe ich viele Menschen und Freundschaften verloren, weil ich einfach keine Zeit für sie hatte.“

Ganz weg von den Geräten ist Toba freilich nicht, und es gibt sogar eine kleine Chance auf einen sportlichen Abschied des großen und stets fairen Teamplayers in Hannover. Er turnt weiter für Vizemeister TV Wetzgau in der 1. Bundesliga – und hängt an die laufende Saison womöglich eine weitere dran. „Wenn sich das mit meinen neuen Aufgaben verbinden lässt, das wird man abwarten“, betont Toba. Dann könnte es noch einen Wettkampf beim TuS Vinnhorst geben.

„Als Landestrainer wird sich an meinem Alltag zum Glück nicht viel ändern am Olympiastützpunkt“, sagt der Bambi-Preisträger und siebenfache WM-Teilnehmer. „Wir sind unglaublich stolz darauf, dass wir Andreas gemeinsam mit dem Deutschen Turner-Bund für diese Aufgabe gewinnen konnten“, sagt NTB-Präsident Heiner Bartling.

Eines hat sich Andreas Toba als Coach fest vorgenommen: Er will dem Nachwuchs Leidenschaft für seinen Sport vermitteln. „Diese Emotionen, diese unfassbar große Liebe für das Turnen, die habe ich in mir“, sagt der bescheidende Ausnahmeturner. „Wenn es mir gelingt, diese Emotionen in die Köpfe zu bekommen, das wäre für mich ein Traum.“

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