Aktuell zerlegen die Fußballer des TSV Havelse die Konkurrenz in der Regionalliga Nord. Sie stürmen von Erfolg zu Erfolg. Bald wollen sie jedoch auch ihr Stadion auseinandernehmen, kaum einen Stein auf dem anderen lassen – und obendrein den Platz versetzen. Ganz einfach, weil es nicht anders geht. Das Wilhelm-Langrehr-Stadion erfüllt die DFB-Kriterien für die 3. Liga nicht, und die Havelser wollen aufsteigen.
Große Teile der Anlage sind marode. „Wir stecken jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag allein in den Erhalt. Es muss auf jeden Fall etwas geschehen“, sagt der Vorsitzende Daniel Wolter. Allerdings wird dieser Umbruch sehr kostspielig. Der TSV kalkuliert mit rund 10 Millionen Euro, ein Stadion für 5000 Zuschauer soll entstehen – Minimum für die 3. Liga.Stattliche 14 Punkte hat die Mannschaft von Trainer Samir Ferchichi inzwischen Vorsprung auf Verfolger Drochtersen/Assel. Und nicht nur das: Das Team wäre wohl stark genug, um in der 3. Liga mithalten zu können, davon ist der spielende Sportdirektor Florian Riedel überzeugt. Sportlich stimmt es bei dem Verein, der für viele namhafte Spieler ein Sprungbrett war: Nationalspieler Deniz Undav (VfB Stuttgart) beispielsweise oder Dortmunds Keeper Alexander Meyer. „Wir waren immer ein Verein, der die sportliche Perspektive besitzt“, so Wolter.
Doch nun wird es knifflig. Für die nächste Saison hat der DFB die Regularien geändert. Einfach für den Übergang in ein anderes Stadion auszuweichen, soll nicht mehr möglich sein. In der Drittliga-Saison 2021/2022 hatte der TSV bei Hannover 96 in der damaligen HDI-Arena seine Heimspiele ausgetragen. Jetzt müsste der Verein nachweisen, dass er zumindest schon an seinem Stadion arbeitet, um alle Auflagen zu erfüllen. Eine Investition in die Zukunft wäre das.
Ziemlich konkrete Pläne haben die Havelser längst: Der Rasenplatz müsste um rund zehn Meter in Richtung Parkplatz verlegt werden. Die Gegentribüne ist noch gut in Schuss und würde erweitert. Die Haupttribüne und große Teile des Vereinsgebäudes inklusive Kabinentrakt müssten abgerissen und neu errichtet werden. Das wäre mit kalkulierten Kosten von 5 bis 7 Millionen Euro der teuerste Teil. Die vorgeschriebene Rasenheizung (1,5 Millionen) und ein modernes Flutlicht (eine Million) kämen dazu. Durch die neue Anlage würden die Anwohner sogar weniger gestört, so Wolter. Dass ein Leuchtturm der Stadt entsprechend ins Licht gesetzt wird, erscheint angemessen.
Etwa zwei Drittel der Kosten will der TSV durch Investoren decken. Und hofft auf Unterstützung der Stadt. Refinanzieren soll sich das Stadion zudem durch andere Nutzungsmöglichkeiten – es könnte sogar eine Event-Arena werden. Denkverbote gibt es in Havelse nicht. Die Pläne für den Neubau hat der Verein schon dem Garbsener Bauausschuss vorgestellt, der zugestimmt hat.
„Wir bringen das Grundstück und die öffentliche Planungsbegleitung ein, natürlich auch Mittel im Rahmen der Sportförderrichtlinien der Stadt Garbsen“, sagt Garbsens Bürgermeister Claudio Provenzano (SPD). Heißt: Die Expertise etwa bei der Erstellung von Verkehrs- und Lärmgutachten stellt der Verwaltungschef zur Verfügung. Auch bei der Akquise von Sponsoren will er helfen.
Eine Finanzierung des Umbaus komme für Provenzano derzeit aber nicht Betracht. „Ausdrückliches Ziel des Vereins ist es, den Umbau finanziell ohne direkte öffentliche Mittel zu stemmen. Das ist die Grundlage für die begonnene Planung und für den Beschluss des Stadtrats“, ergänzt der Bürgermeister und betont: Die Stadt Garbsen müsse in den kommenden Jahren mehr als 500 Millionen Euro in die öffentliche Infrastruktur investieren. Und auf dieser Prioritätenliste steht das Wilhelm-Langrehr-Stadion nicht.
In der 3. Liga sind namhafte Clubs wie Arminia Bielefeld, Alemannia Aachen oder Hansa Rostock am Ball. Sie würden mit ihren zahlreichen Fans auch Geld in die Kassen bringen. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist allerdings der Anreise für die Gästeanhänger. Der Parkplatz beim TSV kann nicht erweitert werden. Und weil die Hannoversche Straße mitunter eine Not-Ausweichroute für die Autobahn ist, kommen die Havelser baulich auch in diese Richtung nicht weiter. Möglich wäre eine Lösung mit Shuttle-Bussen.Sportlich ist der TSV Havelse längst auf der Überholspur – wird aber ausgebremst durch sein marodes Stadion. „Tatsache ist, dass wir handeln müssen. Unabhängig vom Aufstieg wird es sonst sogar schwer, die 4. Liga zu halten und hier weiter professionelle Strukturen zu bieten“, betont Wolter.
Ein Schreckensszenario, das Provenzano verhindern will. Er zieht den Vergleich mit dem prominenten Nachbarn. „Hannover 96 ist ein echter Wirtschaftsfaktor für die Region. In diese Richtung kann auch Havelse sich noch stärker entwickeln.“ Der TSV habe eine überregionale Strahlkraft. Eine Strahlkraft, die verschwindet, wenn die Lizenz nicht erteilt wird.