Immer mehr Autos – und kein Ende in Sicht
Die Zahl der Autos in Stadt und Region Hannover ist erneut spürbar angestiegen. Dabei ist das Gegenteil das Ziel.
Der Verkehrswende droht das Scheitern. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen – und einen Trend, der dennoch Hoffnung macht.

Die Zahl der Autos in Stadtund Region Hannover nimmt weiter zu. Foto: Jonas Dengler
Hannover. Diese Statistik kennt offenbar nur eine Richtung: Die Zahl der Autos in Stadt und Region Hannover ist erneut gestiegen. Das geht aus Daten des Kraftfahrtbundesamtes hervor. Gab es Anfang 2023 noch 595.382 privat und gewerblich angemeldete Pkws in der Region, stieg diese Zahl bis zum 1. Januar 2024 auf 598.580 an. Das entspricht einem Plus von 3198 Fahrzeugen.

In der Stadt Hannover stieg der Pkw-Bestand im selben Zeitraum um 1432 auf 223.227 Fahrzeuge an. Im Umland liegt das Plus bei 1766 Fahrzeugen.

Berücksichtigt man das Bevölkerungswachstum von Stadt und Region, nimmt zumindest die Zahl der Autos pro Kopf nicht mehr zu. Zum Teil nahm sie in den vergangenen Jahren sogar leicht ab. In der Region gab es Anfang 2024 rund 51 Autos je 100 Einwohner. In Hannover lag die Autodichte bei 40 je 100 Einwohner.

Dennoch sind die Ziele andere. Regionspräsident Steffen Krach (SPD) will laut seinem Verkehrs­entwicklungs­plan 2035+ die Zahl der Autos um ein Viertel reduzieren und deren Fahrleistung sogar halbieren. Auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) will eigentlich eine Abkehr vom Auto erreichen, sowohl in der Innenstadt als auch in den Wohnvierteln.

Dass das bisher nicht funktioniert, hat wohl eine Reihe von Gründen, die teilweise nicht in Hannover zu suchen sind. Die Deutsche Bahn ist im Fernverkehr derzeit so unpünktlich wie nie. Viele Baustellen sollen die kaputte Infrastruktur auf Vordermann bringen. Kurzfristig führt das aber sogar zu mehr Verspätungen und Ausfällen. Darunter leiden auch der Nahverkehr und die S-Bahn, die besonders nach dem Betreiber­wechsel 2021/22 von der DB zur Transdev mit Problemen zu kämpfen hatte und auch heute noch nicht reibungslos funktioniert.

Hinzu kommt der Fachkräfte­mangel. Es fehlen nicht nur Lokführer und Lokführerinnen, sondern auch Personal für die Busflotte der Üstra, die zuletzt ihr Angebot ausdünnen musste, um einen verlässlichen Betrieb gewährleisten zu können.

Der Bau von Radwegen kommt sowohl in der Stadt als auch dem Umland nur schleppend voran. Planung, politische Beschlüsse und der Bau von Radschnellwegen und Velorouten ziehen sich ewig hin. Die Stadt Hannover erzielt bei der Ausweisung neuer Fahrradstraßen nur im Schneckentempo Fortschritte. Zuletzt musste sie sogar Rückschritte hinnehmen, weil die Politik in der Südstadt mehrere Fahrrad­straßen abschaffte. In vielen Umland­kommunen ist die Situation ähnlich.

„Es geht in der ganzen Debatte rund um die Verkehrswende nicht darum, Autos zu verbieten oder auf reine Zulassungs- oder Abmeldungs­zahlen zu blicken, sondern darum, attraktive Anreize zu schaffen, freiwillig Alternativen zu nutzen“, sagt Regions­präsident Krach. Die Angebote für die Menschen in der Region seien da, betont er und verweist auf das On-Demand-Angebot Sprinti und das 365-Euro-Ticket, von dem viele ÖPNV-Nutzer profitieren.

Allerdings müsse jedes noch so gute Angebot auch verlässlich sein. „Nur wer sich perspektivisch auf stabile ÖPNV-Preise, ein gutes und zuverlässiges Bahnnetz, gute Radwege oder E‑Auto-Lade­infrastruktur verlassen kann, wird sich freiwillig dafür entscheiden, auf den eigenen Verbrenner zu verzichten“, erklärt Krach. Deswegen sei es umso bedauerlicher, dass es das Bundes­verkehrs­ministerium immer wieder schaffe, Erfolgs­modelle wie Sprinti oder das Deutschlandticket nachhaltig zu beschädigen. Auch die Unsicherheit bezüglich der Förderung der E‑Mobilität helfe nicht, kritisiert der Regions­präsident. „Verkehrswende ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Seitens der Stadt Hannover sind auch selbstkritische Töne zu hören. Sie räumt ein, dass es derzeit nicht gelinge, im notwendigen Tempo neue Stellplätze für das Carsharing-Angebot von Stadtmobil zu schaffen. „Auch bei Velorouten und Fahrradstraßen wünschen wir uns eine schnellere Umsetzung“, sagt Sprecherin Janine Herrmann. Dabei spielten aber auch externe Faktoren wie der Fachkräfte­mangel eine Rolle.

Die Verwaltung werde „weiterhin daran arbeiten, gute Angebote für Rad- und Fußverkehr bereitzustellen, Anwohner­parkzonen auszuweisen und auch das Thema Parkraum­management insgesamt aktiv voranzutreiben und damit die Verkehrswende weiter zu befördern“, kündigt Herrmann an.

Immerhin ist auch ein Trend festzustellen, der Hoffnung auf einen Wandel macht: Wie die Stadt berichtet, misst sie bei Verkehrs­zählungen „in letzter Zeit des Öfteren bis zu rund 10 Prozent weniger Kfz-Verkehr“. Zwar steigt die Zahl der Autos also weiterhin an, viele Menschen scheinen diese aber seltener zu nutzen. Ein Trend, von dem auch andere Städte wie zum Beispiel Hamburg berichten. Dort geht allerdings nicht nur die Fahrleistung der Autos zurück. In der Hansestadt waren Ende des dritten Quartals 2024 rund 6000 Autos weniger registriert als noch drei Jahre zuvor. Dort hat die Statistik trotz anhaltenden Bevölkerungs­wachstums mittlerweile eine neue Richtung eingeschlagen.

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