Anderes Motiv: „Such die Maus“ ist eine Stadtlandschaft, auf der man viel zwischen und auf den Häusern entdecken kann – nicht nur die kleine Maus. Die Bildideen stammen aus dem Alltag, aus Gesprächen, aus Büchern – und manchmal gibt es auch Anregungen aus der Familie. Das Motiv „Skater“ hat Monika Reinebeck ihrem Enkel gewidmet, weil der gern mit dem Board über die Halfpipes fährt.
Ein längliches Kissen mit Picasso-Motiven hat ihr Mann, der Holz-Bildhauer und Maler Otto Reinebeck, angeregt. Und das Kissen mit dem Namen „Der Bachelor“ ist ihre Kritik an der gleichnamigen Fernsehsendung: „Es zeigt einen Mann, dessen Gesicht zur Fratze verzerrt ist und um ihn herum himmeln ihn trotzdem die Frauen an“, sagt Monika Reinebeck und lacht. Man merkt, wie viel Spaß sie selbst mit ihren Werken hat. Auch ein Kissen mit Loriot-Motiven gibt es.
„Jedes Kissen wird anders, ich fertige keines zweimal an – auch wenn schon der Wunsch an mich herangetragen wurde“, sagt Monika Reinebeck und zuckt mit den Schultern: „Ein Künstler malt ja auch nicht zweimal das gleiche Bild.“
Alle Motive sind mit Wolle im Plattstich auf Leinen gestickt. Der Plattstich besteht aus dicht aneinandergelegten Spannstichen, die gerade oder schräg die Muster ausfüllen. Auch wenn der Plattstich zunächst relativ einfach erscheint, ist die hohe Kunst, die Fäden so exakt nebeneinander zu setzen, dass sie eine perfekte Fläche ergeben. Das Besondere bei Monika Reinebecks Arbeiten ist außerdem: Sie füllt nicht nur die Konturen mit dem Stich aus, sondern das ganze Kissen. So „malt“ sie mit Nadel und farbiger Wolle in dieser Technik flächige, große Bilder.
Das kostet viel Zeit, vor allem aber auch Konzentration. Und das ist das besondere Glück für Monika Reinebeck: Denn hinter den so fröhlichen, aber auch sehr aufwendigen Motiven steckt ein ernster Grund: Die Künstlerin leidet unter einer besonderen Krankheit – dem Restless-Legs-Syndrom. Daher hat sie ihre Kollektion auch so genannt: Restless.
„Vor etwa zehn Jahren tauchte die Krankheit auf“, erzählt sie. Restlegs Legs, zu deutsch rastlose Beine, beschreibt einen unbeherrschbaren Bewegungsdrang und quälende Missempfindungen, besonders in den unteren Gliedmaßen. „Gerade, wenn ich müde wurde, wurden die Beschwerden schlimmer. Dann wurde das Kribbeln so stark, dass ich aufstehen und herumlaufen musste. Ich konnte überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen, besonders zum Abend oder zur Nacht hin“, erzählt sie.
Doch dann macht sie eine Entdeckung: „Wenn ich mich hoch konzentriert mit den Händen beschäftige, verliert sich die Unruhe in den Beinen.“ Dann könne sie sogar ruhig sitzen: „Meine Textil- und Objektarbeiten sind eine Möglichkeit, meinen Aufmerksamkeitsfokus weg von meiner Krankheit hin zu der künstlerischen Arbeit zu verlagern“, sagt sie. Ihren Arbeitsplatz hat sie inzwischen in den Wohnbereich verlegt, so können sie und ihr Mann wieder gemeinsam die Abende verbringen.Rund 60 Kissen (ab 220 Euro) hat Monika Reinebeck inzwischen Stich für Stich so angefertigt, alle sind in freihändiger Arbeit entstanden. Doch auch, wenn die Textilarbeiten so etwas wie ihr Alterswerk sind, die Kunst hat sie ihr Leben lang begleitet. Ihr Mann Otto Reinebeck ist Ingenieur und Bildhauer. Er ist bekannt für seine in Holz geschnitzten Porträts, meist sind es prominente Menschen.
Auch Monika Reinebecks Großvater war Maler. Sie selbst wollte schon als Kind Künstlerin werden, doch die Eltern bestehen zunächst auf einen „ordentlichen“ Beruf. So lernt sie Damenschneiderin. „Ich schloss als Jahrgangsbeste ab. Aber immer alles den überheblichen Frauen recht zu machen, das war nicht mein Ding.“
Sie studiert in Braunschweig an der Werkkunstschule und Hochschule für Bildende Künste Modegrafik und Bühnenkostüm. In dieser Zeit lernt sie auch ihren Mann kennen. Bald wird sie mit Zwillingen schwanger. „Mein Mann studierte noch, da habe ich für unsere Miete genäht. Unsere Vermieterin hatte eine unmögliche Figur, die war sehr froh über meine Sachen.“ Später entdeckt sie Gips als Material, unzählige Figuren stellt die Künstlerin her, oft auch ganze Ensembles in Alltagsszenen.
Demnächst hat sie in Bergisch Gladbach in der renommierten Galerie Basement 16 eine Ausstellung, zusammen mit ihrem Mann und der Malerin Nirma Sisenop. „Ich freue mich sehr darauf“, sagt Monika Reinebeck. Dass Kissen so zur Kunst werden, ist ja schon etwas ganz Besonderes.