Mit der Deutsch-Polin fiebern viele mit, einer von ihnen ist ihr Onkel Darek. Ein großer, starker Mann aus Schlesien, den nichts so schnell umhaut. Aber wenn Paulina paddelt, rührt ihn das zu Tränen. „Er liegt gerade im Krankenhaus und kann es kaum erwarten, dass ich starte“, sagt Paszek. Dass sie vor rund fünf Jahren umsteuerte und ihr Glück beim deutschen Verband suchte, verübelt ihr daheim keiner – zumal ihre Karriere in Polen nicht mehr vorankam. Francik erkannte ihr Talent bei einer Regatta und lotste sie nach Hannover. „Meine Familie in Polen weiß, dass ich hier glücklich bin. Mein Zuhause ist nun hier“, betont die WM-Dritte im Zweier des Vorjahres über 500 Meter, die olympische Distanz. Mit ihrem Mann Anatoli wohnt sie in Linden-Nord. Von dort ist es nicht weit zum Wasser und ins Grüne, das Paszek so liebt. „Die Natur beruhigt mich, hier komme ich runter. Wir machen gern Spaziergänge.“ Hannover sei wunderbar grün, es habe die perfekte Größe. Mit Kräutern und Blumen kennt sich bestens aus, bereitet sich gern mal einen Brennesseltee zu, „der ist gut für die Zufuhr von Eisen“.
In Paris soll es indes um anderes Metall gehen, edleres natürlich. Mit Partnerin Jule Hake (Lünen) ist sie im K2 längst ein Team, die beiden sind befreundet. Im K4 gewann Paszek als Schlagfrau mit Hake sowie Pauline Jagsch (Berlin) und Sarah Brüßler (Karlsruhe) beim Weltcup in Szeged Gold – gegen die Seriensiegerinnen aus Polen. Damit war auch diese Crew gesetzt. Den Rückschlag in Poznan im K4 wenige Wochen später, als Brüßler stark angeschlagen paddelte und das Quartett auf Rang vier landete, weiß Paszek einzuschätzen: „Dadurch bleiben wir wach und haben höchsten Respekt. Wir arbeiten immer weiter an Kleinigkeiten, hören nicht auf.“ Alles andere als eine Kleinigkeit wäre, die erhofften zwei Medaillen tatsächlich zu gewinnen, das ist Paszek klar: „Aber ich weiß und ich fühle, dass wir stark sind. Und ich war nie besser.“ Dass es dennoch eng wird im Kampf um die Medaillen und womöglich Gold, räumt ihr Trainer ein. „Aber wir schuften nicht jahrelang, um dann bei Olympia nur dabei zu sein. Das ist uns zu wenig“, sagt Francik, der Deutschlands heutige Top-Kanutin von der Karrierewende überzeugt hat, als sie schon aufhören im Begriff war. Der anders mit Paszek trainierte und ihr die Freude am Erfolg zurückgab. „Ich bin mir bewusst, dass das ein großes Glück ist. Ich bin dankbar, bekomme viel Unterstützung“, sagt Paszek.
In den Finals könnte es bei den Spielen abermals zum Duell mit Polen um Gold kommen. Kein Problem für Paszek, die Crews kennen sich, der deutsch-polnischen Freundschaft tut das keinen Abbruch. Und auch Darek bangt ausnahmsweise mit den Deutschen. „Er platzt fast vor Stolz und hat sogar ein deutsches Trikot bei mir bestellt, das soll ich ihm unbedingt mitbringen“, so Paszek. Vier Jahre muss ihr lieber Onkel das Shirt pfleglich behandeln, aus Los Angeles will Paulina Paszek ihm dann ein neues organisieren – die nächsten Spiele will sie auf jeden Fall auch noch mitmachen.