„Das schmeckt nicht nur super, das ist auch sehr gesund“, weiß Antje Henniges, eine der beiden Menschen dort an der Presse. Der andere, ihr Bruder Herbert Schütte, hat das Saatgut auf den eigenen Äckern angebaut, geerntet, gereinigt. Lein, Raps, Leindotter, Senf und Sonnenblume sowie Hanf, Mohn und Drachenkopf von Kooperationsbetrieben aus der Region werden hier in der Ölmühle auf seinem Hof in Hollenstedt zu hochwertigen Speiseölen verarbeitet. Vom Acker in die Presse: „Wir verarbeiten nur eigene Produkte. Und die von den Landwirten in der Region, die wir genau kennen“, sagt die 57-Jährige.
Ein besonderes Öl schmeckt nach den Trüffeln von Fabian Sievers, der ebenfalls im Leinebergland (Alfeld) lebt und als Pionier des niedersächsischen Trüffelanbaus gilt. „Auch so ein Verrückter, ein ganz Toller“, sagt Antje Henniges mit viel Wärme und Respekt. „Im Herbst hatte er eine ordentliche Burgundertrüffelernte, und da haben wir uns entsprechend viel geholt.“ Fein gehobelt werden die Trüffel in das milde Senföl eingelegt, das Aroma sei wunderbar. „Das ist bisher das einzige Experiment, ansonsten aromatisieren wir die Öle nicht.“
Speiseöl statt Mineralöl – Bauer Schütte machte aus der Not eine Tugend. Und damit gleichzeitig das, was er als gelernter Landwirt am liebsten macht. „Draußen sein, regionale und gesunde Erzeugnisse herstellen und im Direktvertrieb davon leben können.“ Von 2008 bis 2012 produzierte er Rapsöle als Treibstoff. „Ich war anerkannter Mineralölproduzent und Futtermittelhersteller und habe im Jahr 250.000 Liter Dieselersatz produziert.“ Mit dem vollen Mineralölsteuersatz ab 2012 auf seine Produkte „war das Geschäft von jetzt auf gleich tot, weil der Diesel dadurch viel billiger wurde und ich meinen Treibstoff nicht mehr verkaufen konnte“.
Die sechs Pressen blieben im Geräteschuppen, falls man sie noch brauchen könnte. „Eine Neue würde heute 10.000 Euro kosten.“ Den Ackerbau betrieb Schütte in der siebten Generation weiter – „so gut es geht, wenn der Großhandel die Preise bestimmt und ,fair trade’ für alle gilt, nur nicht für uns Landwirte“.Und dann kam Corona. Im Frühjahr 2021 saßen der frisch getrennte Herbert Schütte (54) mit der noch nicht lang verwitweten Antje Henniges (57) bei einem Glas Wein zusammen. Seine Schwester war 30 Jahre lang als Betriebswirtin für eine Fast-Food-Kette in Mecklenburg-Vorpommern tätig. Bis sie 2018 zurück ins Leinetal kehrte. Nun: Zwei Geschwister, ein Gedanke: „Das kann es noch nicht gewesen sein“, erzählt Schütte.
Die Idee: „Wir aktivieren die Ölmühle neu und starten ein neues Projekt.“ Am 13. August 2021 war Firmengründung, „am 9. Dezember 2021 haben wir unser erstes Öl aus Raps und Leinsaat verkauft.“ Im Jahr darauf baute man die alte Scheune um. „Der Ölacker“ hat seitdem ein Zuhause. „Ich bin als Landwirt wieder gefordert, habe komplett neue Impulse, sammele neue Erfahrungen, bin in meinem Ursprungsberuf“, sagt Schütte. „Ich bin total zufrieden.“
Auch, weil nichts weggeworfen wird. Die Rückstände der Ölgewinnung, der Presskuchen, gehen als hochwertiges Eiweißfutter zu den Kühen in die Nachbarschaft. Was ihn noch freut: Die achte Generation auf dem Hof ist gesichert. Henniges hat vier Kinder, Schütte hat drei, der mittlere Sohn (20) „brennt ebenso für die Landwirtschaft“.
Ein Landwirt, der hinter seinen Produkten – und wie er sie verarbeitet – stehen kann. „Wir lieben gutes Essen. Meine Oma, meine Mutter, meine Schwester können begnadet gut kochen“, erzählt Schütte. „Du selber aber auch“, wirft die Schwester ein. Kurzum, so Schütte lachend: „Es gibt einen Hang zu guten Lebensmitteln und Ärger über viel Mist, den man kaufen kann.“
Und welches ist nun das Lieblingsöl der Geschwister? „Das Leindotteröl, das tollste Salatöl des Jahrhunderts“, sagt Henniges. „Das hat eine leichte Frische und eine leicht buttrige Note im Abgang, deswegen eignet es sich besonders als Salatöl in der Spargelsaison.“
Am 28. April sind die Geschwister mit einer Verkostung ihrer Öle auf dem Bauernmarkt in Hannover vertreten. Am verkaufsoffenen Sonntag ist am Kröpcke erstmals auch der Bauernmarkt mit verschiedenen Ständen von 13 bis 18 Uhr dabei (siehe Info unten). Wer es dorthin nicht schafft: Die Öle gibt es auch bei „Hoftalente“ im Zooviertel.