Vom hilflosen, blinden Neugeborenen zur jagdfähigen Großkatze in nur einem Jahr: „Wir sind froh und auch stolz, dass sich der Löwennachwuchs hier im Zoo so gut entwickelt hat“, erklärte Zoo-Geschäftsführer Andreas M. Casdorff, „in der Wildbahn liegt die Überlebensrate bei Löwen bis zum Erwachsenenalter bei nur etwa 25 bis 33 Prozent.“
Nach der Geburt beobachtete das Zoo-Team die Löwenmutter mit ihren Jungtieren über eine Kamera in der Wurfbox, um die Aufzucht nicht zu stören. „Es ist der erste Nachwuchs für die junge Löwin, aber sie hat das bestens gemacht. Sie hat sich direkt um ihre Jungen gekümmert“, erzählte Tierpfleger Marcel Rehse. Schon nach einer Woche bewegten sich die Kleinen robbend-krabbelnd umher.
Ende März hatte sich bei den Jungtieren das Sehvermögen vollständig entwickelt, Ansätze von Milchzähnen zeigten sich. Die Jungtiere waren bereits deutlich mobiler und kletterten über den Rand der Wurfbox. Bei der ersten Untersuchung durch die Zootierärzte brachten die Löwen bereits zwischen 4,3 und 5 Kilogramm auf die Waage. Endlich konnten auch die Geschlechter bestimmt werden: Zwei Weibchen und ein Männchen.
Im Mai 2023, drei Monate nach der Geburt, wogen die Jungtiere etwa neun Kilogramm und konnten ihrer Mutter sicher folgen – Zeit für den ersten Ausflug auf die Außenanlage mit Blick auf Giraffen und Antilopen. Unter den wachsamen Augen der Mutter erlernten die kleinen Löwen, was sie für das spätere Leben benötigen: Anschleichen und Anspringen. „Löwen sind schnelle, aber keine ausdauernden Läufer, sie müssen sich an ihre Beute heranpirschen“, erläuterte Tierpfleger Rehse. Und so war gut zu beobachten, wie die Jungtiere flach auf den Boden gedrückt vorwärts robbten und zunächst jedes Grasbüschel und gerne auch die Mutter ansprangen. Am mutigsten und kletterfreudigsten zeigte sich dabei das kleinste Jungtier: „Die Zierliche, Zuri, war immer schon die lebhafteste“, so der Tierpfleger.Sie war es auch, die dem Zoo-Team zwischenzeitlich große Sorgen bereitete: Im Alter von sechs Monaten brach sie sich beim Klettern das linke Hinterbein. Die Fraktur wurde von den Spezialisten in der Stiftung Tierärztliche Hochschule gerichtet – nach einigen Wochen Stallruhe konnte das Löwenweibchen wieder ausgelassen mit seinen Geschwistern spielen.
Im Laufe der Monate veränderte sich nicht nur Jagdgeschick des Nachwuchses, sondern auch das Verhalten. Zeigte sich der kleine Kater Tayo zunächst zurückhaltend, liegt er mittlerweile oft sehr präsent neben seinem Vater. Mit zwölf Monaten sind bei ihm bereits Ansätze der Mähne zu sehen. Auch das zweite Löwenweibchen, Alani, hat sich von einem eher vorsichtigen zu einem forschen Jungtier entwickelt, das gerne in der Nähe des Löwenvaters ist und diesen auch schon mal in die Hinterbeine zwickt – was dieser duldet.
„Es war spannend zu verfolgen, wie sich die drei Jungtiere binnen eines Jahres zu agilen Großkatzen entwickelt haben“, sagte der Vorsitzende der Zoofreunde, Christian Wagner, „zeitweilig konnte man den Eindruck gewinnen, ihnen beim Wachsen förmlich zuschauen zu können! Spannend wird es dann nochmal, wenn die Jungtiere später in einen anderen Zoo ziehen, damit sie eines Tages hoffentlich selbst zum Erhalt dieser beeindruckenden Tiere beitragen und ein eigenes Rudel gründen. Der Verein der Zoofreunde wird auch diese Entwicklung interessiert weiterverfolgen.“
Berberlöwen sind äußerst selten: In ihrer Nordafrikanischen Heimat sind sie seit Mitte des 20. Jahrhunderts in der Natur ausgestorben – ausgerottet durch den Menschen. Sie waren aufgrund ihrer beeindruckenden Statur und der imposanten Mähne ein beliebtes Ziel von Großwildjägern. Nur geschützt in Zoos haben die Berberlöwen überlebt, viele sind Nachkommen aus dem marokkanischen Nationalzoo Rabat. Seit 2010 gibt es sie auch im Erlebnis-Zoo Hannover.
Wo der Löwennachwuchs aus Hannover einst leben und hoffentlich zum Erhalt der Berberlöwen beitragen wird, wird über das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für den Afrikanischen Löwen entschieden. „Aber noch sind die Drillinge hier im Erlebnis-Zoo und wir freuen uns, ihre weitere Entwicklung beobachten zu können – denn eines können die Jungtiere noch nicht: löwenlaut brüllen!“ Löwen haben einen speziell ausgebildeten Kehlkopf, durch den ihr Brüllen kilometerweit zu hören ist. Als Resonanzräume für die Lautstärke dienen der Rachenraum, die Mund- und Nasenhöhlen. Je größer die Jungtiere werden, umso lauter wird die Stimme. „Wir werden also gespannt zuhören“, so Casdorff.