„Ich lade Leute ein, die schon etwas gemacht haben bei den ,Universen’ oder bei denen ich mir das vorstellen kann, und jede Person soll eine zweite mitbringen, damit sich das Netzwerk noch einmal öffnet“, erzählt sie. „Ich kann doch nicht die Leute einladen und dann sagen: Ihr könnt gar nicht mitreden.“ Mitreden, mitmachen – das ist die Grundidee. Menschen sollen sich beteiligen, für die der reguläre Besuch eines Staatstheaters, so divers es auch aufgestellt sein mag, eine zu große Hürde bedeutet. „Die ,Universen’ sind nicht so sehr an institutionelle und ästhetische Gepflogenheiten gebunden. Ich kann im Prinzip machen, was ich will.“
Das aber will sie gar nicht. Es geht um Teilhabe. Für Wisotzki eine Frage der Gerechtigkeit: „Alle zahlen Steuern, aber nicht alle kommen hierher. Nicht alle profitieren von dem, was sie in die Gesellschaft einbringen.“ Man solle sich doch einfach seine Steuergelder zurückholen, hatte schon Wisotzkis Vorgänger Murat Dikenci seiner Klientel immer geraten; immerhin würde das Theater staatlich, also vom Steuerzahler subventioniert.
„Wie kann Theater, wie kann Kultur so organisiert sein, dass alle Menschen, die Teil dieser Gesellschaft sind, auch Teil des Kulturlebens sind?“, sagt Wisotzki. Der Bedarf ist da. Schon vor der offiziellen Eröffnung der neuen „Universen“-Spielzeit gibt es einen Programmpunkt, die Stadtführung „Schwarze Hannoveraner:innen 1900–1950“, für die eine Wiederholung fest eingeplant ist. Wisotzki arbeitet dafür mit dem Zeit-Zentrum Zivilcourage zusammen, ebenso für einen Rundgang am 13. Oktober, der sich auf die Spuren von Sinti und Sintezza in Hannover begibt. Möglichst viele Akteurinnen und Akteure, die es schon gibt, einbinden, darum gehts. „Eine Stadt braucht einen lebenden Diskurs. Es ist gut, darein zu investieren.“
Die Literaturreihe „Poetic Justice“, die Dikenci ins Leben gerufen hatte, wird Wisotzki fortführen. Neu sind eigene „Universen“-Partys in Cumberland, beginnend mit einer Flinta-Party am 2. Oktober, also für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen. Party, Poesie, Performances und vieles mehr stehen auf dem Programm.
Feministische und queerfeministische Themen sind ein Schwerpunkt von Wisotzki. Sie kommt vom Kulturzentrum Pavillon, hatte dort die Programmleitung Theater inne, bis diese Stelle Ende 2022 abgeschafft wurde, und rief unter anderem das „Multitude-Festival für feministische und intersektionale Solidarität“ ins Leben.
„Eigentlich sollte das, wofür die ,Universen’ stehen, nämlich ein Theater, in dem alle sein wollen und können, selbstverständlich sein“, sagt sie. „In einer idealeren Welt gäbe es ganz viele Räume wie die ,Universen’, und man müsste in keiner Kneipe Angst haben vor sexualisierter Gewalt, rassistischen Sprüchen oder Queerfeindlichkeit, und es wäre überall total nett.“ Noch eine Idealvorstellung. Das ist ihr Job.