Das neue „Solarpaket“ soll zum Jahreswechsel in Kraft treten, muss aber noch den Bundestag passieren. Ziel sei, das Tempo beim jährlichen Solarausbau zu verdreifachen und bis 2026 auf einen jährlichen Zubau von 22 Gigawatt zu kommen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das sei ambitioniert, denn im vergangenen Jahr habe der Zubau bei 7,5 Gigawatt gelegen. Bis 2030 hat sich die Regierung die Zielmarke von 215 Gigawatt gesetzt.
„Daher haben wir heute im Kabinett mit dem Solarpaket zahlreiche neue Regelungen verabschiedet, die den Zubau in der Freifläche und auf dem Dach sowie die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger steigern“, so der Vizekanzler. „Zugleich räumen wir Hemmnisse aus dem Weg und bekämpfen das Bürokratiedickicht.“ Konkret soll beispielsweise die Anmeldung beim Netzbetreiber wegfallen, wenn jemand ein Balkonkraftwerk betreibt. Für eine Übergangszeit sollen außerdem rückwärtslaufende Zähler erlaubt sein, auch wenn sie die Einspeisung von Strom ins Netz bremsen. Wer den Solarstrom zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht benötigt, kann also sparen. Außerdem soll es einfacher werden, sich in einem Mehrfamilienhaus den Solarstrom zu teilen.
Gleichzeitig sieht die Reform vor, dass die Netzanschlüsse beschleunigt werden sollen. Auch auf Gewerbedächern soll künftig mehr Solarstrom erzeugt werden. Um das zu erreichen, soll es Anlagenbetreibern künftig einfacher gemacht werden, ihren Stromüberschuss an Netzbetreiber weiterzugeben. Ziel sei zudem, für Fotovoltaikanlagen auf dem Balkon auch einen Schutz-Kontakt-Stecker zu ermöglichen, der in haushaltsübliche Steckdosen passt. Für die „Steckerfrage“ braucht es allerdings eine Änderung der Normen, die gerade in Arbeit ist.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Agrarflächen. Es gehe darum, Flächen für Solarparks auf eine naturverträgliche und nachhaltige Art bereitzustellen und dabei mit Agri-Fotovoltaik landwirtschaftliche Flächen doppelt zu nutzen, sagte Habeck – für die Landwirtschaft und für die Stromerzeugung. Das Paket sieht vor, dass die Länder dabei bestimmte Schutzgebiete ausschließen können. Außerdem soll es eine Obergrenze von 80 Gigawatt für den Zubau von Fotovoltaik auf Agrarflächen bis 2030 geben, mindestens die Hälfte davon soll an Gebäuden oder Lärmschutzwänden errichtet werden. Die Ampel hat es sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Im vergangenen Jahr waren es laut dem Umweltbundesamt etwa 46 Prozent.
Naturschützer begrüßen die Pläne zwar, sehen aber noch Lücken. „Der zuletzt deutliche Ausbau der Solarenergie ist der größte klimapolitische Erfolg dieser Regierung, und es ist gut, dass die Ampel ihn mit dem Solarpaket fortschreiben will“, sagte Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling. Allerdings drücke sich die Regierung davor, einen umfassenden Solardachstandard für Neubauten einzuführen. Auch Nabu-Geschäftsführer Leif Miller rief nach dem Solardachstandard. Im Solarpaket seien positive Dinge wie die Balkonkraftwerke enthalten, betonte er gegenüber dem RND. Im Großen und Ganzen seien aber eher die leicht erreichbaren Ziele in Gesetzesform gegossen worden, kritisierte er. Fehlen würden auch verbindliche naturschutzfachliche Mindeststandards für Solarparks. „Die würden sicherstellen, dass Klima- und Naturschutz gleichermaßen berücksichtigt werden.“
Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßte die Reform. Mit dem Gesetzespaket würden Marktbarrieren abgeräumt, was den künftigen Zugang zu Stromnetzen, geeigneten Solarparkstandorten und zur staatlich gewährten Solarförderung erleichtern und Planungsprozesse beschleunigen werde.