Mit der Stadt Hannover soll der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet werden, der rückwärtige Ausgang zum Raschplatz soll außerdem optisch aufgewertet werden. Auf die Art solle Hannover zwei gleichwertige Bahnhofseingänge bekommen, kündigte Oberbürgermeister Belit Onay bei der Vorstellung der Pläne an.
Die Baukosten belaufen sich aktuell auf 2 Milliarden Euro, die meisten Arbeiten beginnen in den frühen 2030er-Jahren, teilte Manuela Herbort mit, die DB-Konzernbevollmächtigte für Niedersachsen und Bremen. Hannover soll durch den umfassenden Umbau fit gemacht werden für den sogenannten Deutschlandtakt, der das Bahnfahren in ganz Deutschland verbessern soll. Geplant ist im Einzelnen:
750 Fern- und Regionalzüge wickelt der Hauptbahnhof Hannover täglich ab und stößt damit an die Grenzen seiner Kapazität. Viele Fernzüge müssen vor der Einfahrt in den Bahnhof inzwischen schon warten, vorausfahrende Züge belegen noch ihre Gleise. Kurz: Es gibt Stau vor der Einfahrt. Das soll sich durch eine Neuordnung der Gleise in der Anfahrt ändern.
Außerdem sollen mehr Reisende am Hauptbahnhof abgefertigt werden. Bisher steigen täglich bis zu 180.000 Menschen in Hannover ein und um, und weitere 80.000 Passanten sind im Bahnhof binnen 24 Stunden unterwegs. Perspektivisch sollen täglich 100.000 Reisende zusätzlich in Hannover ein- und umsteigen. Damit die Masse an Menschen bewältigt werden kann, sollen zwei neue Gleise an einem zusätzlichen Bahnsteig auf der Raschplatzseite entstehen. Diese Gleise sollen vor allem vom Nahverkehr genutzt werden. Die Züge fahren aktuell in einem sehr engen Takt auf den Gleisen 13 und 14.
Bisher hat der Bahnhof sechs Bahnsteige mit zwölf Gleisen für den Personenverkehr und zwei weiteren sogenannten Durchfahrtsgleisen. Diese sind für Züge gedacht, die nicht anhalten, beispielsweise Güter- oder Rangierverkehr. Durch die zusätzlichen Nahverkehrsgleise soll auch der S-Bahn-Verkehr profitieren, etwa durch neue Verbindungen nach Steinhude und Lehrte. Wie genau diese Umbauten den Bahnverkehr einschränken werden, ist noch nicht bekannt.
Um den zusätzlichen Reisenden den Weg in den Bahnhof zu vereinfachen, soll ein zweiter Zugang gebaut werden. Wo genau dieser Zugang entstehen könnte, ist offen. Denkbar ist er zum Beispiel im Bereich vom ZOB, dem zentralen Omnibusbahnhof. Busreisende könnten dann bequem in die Züge oder Zugreisende in die Busse umsteigen.
Aktuell plant die Stadt den Bereich um den Raschplatz, Andreas-Hermes-Platz und Weißekreuzplatz neu. Ein zweiter Zugang ließe sich in die Überlegungen integrieren. Oberbürgermeister Onay sagte, ihm sei wichtig, zwei gleichwertige Ein- und Ausgänge am Bahnhof zu haben, damit diese auch die Stadtplätze vor und hinter dem Bahnhof verbinden. „Details dazu werden ausgearbeitet. Es besteht jetzt die Chance, die Pläne für den Bereich rückseitig des Hauptbahnhofs mit einplanen zu können“, sagte Onay.
Konkret sind die Ideen schon für einen sogenannten Mobility Hub: Den will die Bahn demnächst auf dem Bahnhofsvorplatz einrichten unter anderem mit Car- und Bikesharing-Plätzen sowie mit E-Rollern.
Aktuell erneuert die Bahn alle Bahnsteige, Bahnsteigdächer, Aufzüge und Rolltreppen im Hauptbahnhof. Jeder Bahnsteig erhält ein neues Dach, modernere Wartebereiche und eine neue Beleuchtung. Zudem baut das Unternehmen einen neuen Treppenaufgang zum stark frequentierten Bahnsteig der Gleise 1 und 2, an denen die meisten S-Bahnen halten.
Parallel saniert und tauscht die Bahn die rund 50 Brücken rund um den Hauptbahnhof aus. Ein Beispiel für die Brückensanierung in Bahnhofsnähe war der Austausch der Brücke am Thielenplatz, der nach zweijähriger Bauzeit 2020 abgeschlossen worden war.
Auf der langen Sanierungsliste der Deutschen Bahn stehen auch die beiden Eisenbahnbrücken am Bismarckbahnhof in Hannovers Südstadt. Sie sollen abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Die eigentlichen Bauarbeiten werden aber erst im Jahr 2028 beginnen und bis voraussichtlich 2032 dauern.
Hannover hat in den vergangenen Monaten bereits eine DB-Lounge mit Premiumbereich erhalten. Es ist erst die sechste deutsche Stadt mit solch einem Service im Hauptbahnhof. Dort können Fahrgäste etwa mit 1.-Klasse-Flexticket oder mit Bahn-Card 100 entspannen, an Schreibtischen arbeiten und auch essen. Der Ausbau hat nach Bahnangaben 2,3 Millionen Euro gekostet.
Wegen der Sanierung des Bahnsteigs der Gleise 1 und 2, dem Bau eines zusätzlichen Treppenaufgangs sowie der Erneuerung der unter den Gleisen liegenden Brückenbauwerke ist das Gepäckcenter am Hauptbahnhof geschlossen. Und das wird noch bis Ende 2025 so bleiben. Reisende können ihre Koffer, Trolleys oder Taschen derzeit nur tagsüber in der Handgepäckaufnahme an der Schließfachaufsicht abgeben.
Der Hauptbahnhof ist heute bereits ein Nadelöhr im Bahnnetz, was problematisch ist, weil er eine Mobilitätsdrehscheibe in Niedersachsen ist. Mit einem digitalen Stellwerk will die Bahn die Kapazitäten in Hannover künftig erhöhen. Derzeit betreibt die DB Netz AG rund 2500 Stellwerke. Allerdings gibt es noch viele unterschiedliche Stellwerkstypen – vom mechanischen Hebelstellwerk aus Kaisers Zeiten bis hin zum modernen digitalen Stellwerk. Das digitale Stellwerk in Hannover soll künftig die Zuverlässigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leit- und Sicherungstechnik erhöhen und die Technik deutschlandweit vereinheitlichen, die komplette Digitalisierung der Stellwerkstechnik soll bis 2035 erfolgen.
Verbessert und vereinfacht werden soll dadurch auch die Bedienung und Instandhaltung, wirbt die Bahn. Stellbefehle werden dann digital per Glasfaserkabel an Weichen und Signale gesendet statt wie bisher über konventionelle Kabel. Auch die sogenannte Echtzeitortung und eine Umfeldwahrnehmung sollen eingeführt werden. Und: Dadurch, dass die zentrale Rechnereinheit des Stellwerks nicht mehr physisch bei der Bahn vor Ort steht, kann sie in beliebiger Entfernung zur Außenanlage errichtet werden. Das Stellwerk wird in Hannover an einen neuen Standort verlegt, die Suche läuft. Arbeitsplätze sollen nicht verloren gehen.
Weiterer Vorteil für die Bahn: Die standardisierten Komponenten, aus denen ein digitales Stellwerk besteht, können von unterschiedlichen Herstellern produziert werden, was der Bahn einen Wettbewerb ermöglicht. Die Folge ist: mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leit- und Sicherungstechnik. Die Deutsche Bahn erwartet deutschlandweit durch die digitalen Stellwerke bis zu 35 Prozent mehr Kapazität, mehr Zuverlässigkeit und Effizienz sowie eine CO2 -Einsparung von 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr.