Zu den nachhaltigen Nebenwirkungen der Pandemie gehörte, dass Firmen gezwungen wurden, Lösungen zu finden, die eine Verbreitung der Infektionen eindämmen – wofür sich die Arbeit in den eigenen vier Wänden naturgemäß anbot. Aber auch 2022, also nach Abklingen der Pandemie, arbeiteten dem Statistischen Bundesamt zufolge noch immer 24,2 Prozent aller Erwerbstätigen zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Entlang der ZEW-Zahlen hat sich daran wenig geändert: „Wie die aktuelle Verbreitung von Homeoffice im Juni 2023 zeigt, hält der mit der Pandemie entstandene Trend zur hybriden Arbeit ungebrochen an“, meint Daniel Erdsiek vom ZEW. Dessen Umfrage legt nahe, dass sich dieser Trend in den nächsten zwei Jahren weiter verstärken wird, und zwar nicht nur in der Informationsbranche (Informations- und Kommunikationstechnik sowie Medien- und wissensintensive Dienstleister), sondern auch im verarbeitenden Gewerbe, wenn auch dort auf niedrigerem Niveau. Entsprechende Pläne gebe es bereits. Bemerkenswert sei dabei, dass Firmen, die bereits Erfahrungen mit Homeoffice gesammelt haben, da offener seien als Betriebe, die bislang nichts von hybrider Arbeit wissen wollten. Unter Letzteren wollen 90 Prozent weiterhin auf die gute alte Präsenzpflicht setzen. In die gleiche Richtung wie die ZEW-Ergebnisse gehen indes Untersuchungen des Ifo-Instituts, dessen aktuelle Umfrage ergeben hat, dass sechs von zehn Unternehmen derzeit Homeofficeangebote machen. Sie ermöglichten den Beschäftigten im Schnitt 6,4 Tage Heimarbeit im Monat. Das sei zwar ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, Deutschland liege damit aber im europäischen Vergleich hinter Großbritannien an zweiter Stelle.
Währenddessen wird in den USA ausgerechnet in den Big-Tech-Konzernen heftig über die Rückkehr ins Büro gestritten. Apple, Amazon, Meta oder die Google-Mutter Alphabet wollen durchsetzen, dass sich ihre Mitarbeiter mindestens zweimal oder gar dreimal pro Woche im Büro sehen lassen. Nachdem sich die Konzerne während der Pandemie noch als Vorreiter in Sachen neuer Arbeitsformen profilierten, rebellieren nun Belegschaften. Beobachter machen für die neuen Restriktionen eine wachsende Angst der Manager vor einem Verlust der Kontrolle über ihre meist hoch bezahlten Beschäftigten verantwortlich.
Wasser auf ihre Mühlen erhalten Homeoffice-Gegner von einer neuen Studie des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Uni von Los Angeles. Die Forscher untersuchten das Verhalten von neu eingestellten Datenerfassern in Indien, die nach dem Zufallsprinzip in Heim- und Büroarbeit aufgeteilt wurden. Das Ergebnis: Im Homeoffice lag die Produktivität um 18 Prozent niedriger. Doch selbst David Atkin vom MIT, einer der Autoren, warnt vor überzogenen Verallgemeinerungen. So habe sich die Studie mit Mitarbeitern beschäftigt, die komplett im Homeoffice arbeiteten.
Die aktuellen Diskussionen bewegten sich aber um eine angemessene Aufteilung von Büro- und Heimarbeit. Eine Untersuchung der Beratungsfirma McKinsey unter den eigenen Beschäftigten hat derweil ergeben, dass eine 50:50-Aufteilung ideal ist. Werde mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im Büro verbracht, gehe das auf Kosten der Flexibilität und der Konzentration, die Performance der Mitarbeiter nehme dann ab.