Hannover.
Wegen des Klimawandels muss die Verwaltung umdenken. Problem ist nicht nur die steigende Temperatur, sondern sind auch immer häufiger auftretende Wolkenbrüche mit Starkregen. Einiges hat die Stadt bereits gemacht. Und es gibt weitere Pläne – ein Einblick.
Das ist die Lage: Es sind kaum vorstellbare Wassermassen, die Ende Juni über Hannover heruntergekommen sind. Auch wenn sie sich nicht richtig berechnen lassen, weil der Regen ja immer nur punktuell an bestimmten Stationen gemessen wird. An der Wetterstation in Hannover-Herrenhausen kamen innerhalb von 24 Stunden rund 60 Liter pro Quadratmeter vom Himmel. Um eine Vorstellung von der Menge zu bekommen, könnte man, natürlich ganz unwissenschaftlich, davon ausgehen, dass überall in Hannover die gleiche Menge Regen gefallen ist. Umgerechnet auf die Fläche der Landeshauptstadt, rund 204 Quadratkilometer, wären das etwa 12,2 Milliarden Liter. Das heißt: Umgerechnet ist 7,7-mal die Wassermenge des Maschsees über ganz Hannover aus den Wolken gekommen. Und die Starkregenereignisse werden zunehmen, sind sich Meteorologen und Klimaforscher sicher. Sowohl die Menge als auch die Intensität. Damit steigen auch die Gefahren, nicht nur, aber besonders in den größeren Städten. Denn dort sind besonders viele Flächen versiegelt, das Wasser kann also nicht im Boden versickern, sondern fließt über Straßen und Plätze, wenn der Regen besonders heftig ist.
So ist die Stadt vorbereitet: Die Stadt hat am Montag (22. August) eine Starkregenkarte vorgelegt. Dort kann man detailliert sehen, welche Straßen und Plätze bei Starkregen besonders betroffen sind und zum Beispiel überflutet werden könnten. Und auch Hauseigentümer können auf der Karte erkennen, wie hoch das Risiko bei Starkregen für ihre Immobilien ist.
So gut ist das Kanalnetz: Hannover habe gegenüber Städten im Süden Deutschlands einen gewaltigen Vorteil, sagt der Technische Vertreter der Betriebsleiterin bei der Stadtentwässerung, Hans-Otto Weusthoff. Denn hier gibt es größtenteils ein getrenntes System für das Schmutzwasser aus den Wohnhäusern und Betrieben und für das Regenwasser, das zum Beispiel von den Hausdächern oder den Straßen kommt. Hannovers Kanalnetz ist 2500 Kilometer lang, das ist das drittlängste Netz für Schmutz- und Regenwasser in Deutschland. „Der Regenwasserkanal ist in der Regel in der Lage, Wassermengen, die bei sogenannten fünfjährlichen Starkregenereignissen auftreten, aufzunehmen“, sagt Weusthoff. Ein fünfjährlicher Starkregen hat eine Wiederkehrzeit von fünf Jahren, kann also in dieser großen Intensität statistisch einmal in fünf Jahren auftreten. Wenn der Regen heftiger ausfällt, kann das Wasser nur noch über die Oberfläche abgeleitet werden. Und das Kanalnetz kann man kaum vergrößern.
Was die Stadt schon macht: Es gibt unterschiedliche kleinere und größere Projekte. Am Kronsberg arbeitet die Stadt schon lange an der Möglichkeit, dass das Regenwasser nach und nach versickern kann. Derzeit entsiegelt die Stadt in der Königsworther Straße Flächen an rund 20 Bäumen zugunsten einer luft- und wasserdurchlässigen Oberfläche. Durch die Vergrößerung der sogenannten Baumscheiben sollen sich die Standortbedingungen verbessern. Im kommenden Jahr soll dann der Mittelstreifen der Königsworther Straße entsiegelt und bepflanzt werden. In der ganzen Stadt wird derzeit nach Flächen geschaut, die entsiegelt werden könnten. Wenn Straßen saniert oder neu angelegt werden, bekommen sie ein leichtes Quergefälle, damit das Wasser nicht gerade in eine Tiefgarage läuft und das ablaufende Wasser zugleich zu den Bäumen fließt. Grundsätzlich will die Stadt erreichen, dass bei Regenfällen, egal wie stark sie ausfallen, so wenig Wasser wie möglich durch das Kanalnetz wegfließt.
Dieses Vorzeigeprojekt gibt es bereits: Großes Lob gibt es von der Stadt für das Wohngebiet „Herzkamp“ vom Wohnungsbauunternehmen Gundlach in Buchholz. Dort sind alle Dächer begrünt, die Dachbegrünung speichert Regenwasser. Wenn dann bei stärkeren Regenfällen doch Wasser von Dächern kommt, kann es sich in Mulden sammeln und dort dann versickern. Sollte das für das Regenwasser doch nicht reichen, gibt es noch eine weitere Auffangfläche.
Das gesamte Neubauquartier „Herzkamp“ ist nicht an die Regenwasser-Kanalisation angeschlossen. „Trotzdem hat es bisher keinerlei Probleme bei Starkregen gegeben“, sagt die Bereichsleiterin Umweltschutz bei der Stadt Hannover, Elisabeth Czorny.
Das plant die Stadt: Ein Großprojekt, das gerade vorbereitet wird, ist die „Schwammstadt“ Prinzenstraße. Derzeit läuft eine Machbarkeitsstudie. Die Stadt möchte gern in der Prinzenstraße in den Boden eine große Zisterne einbauen, die das dort anfallende Regenwasser speichert. Und dann sollen mit dem Wasser die neuen Bäume in der Straße bewässert werden, berichtet Czorny, genauso wie die Hecken am Opernplatz. Das entlastet dann nicht nur das Kanalnetz, es wird gleichzeitig weniger Trinkwasser verbraucht. Derzeit wird darüber nachgedacht, wie man außerdem Regenwasser speichern und dann nutzen kann.
Das können Hausbesitzer tun: Jeder Hausbesitzer kann einen Beitrag leisten und bei sich auf dem Grundstück Flächen entsiegeln, sagt Weusthoff. Also zum Beispiel das Pflaster entfernen und eine Blühwiese anlegen. Dann kann das Wasser nicht nur besser abfließen und bedroht möglicherweise nicht seinen Keller. Die Stadtentwässerung bietet da auch einen Anreiz. Wenn Flächen entsiegelt werden, verringert sich auch die Niederschlagswassergebühr.