Darunter auch Fische vom Vorpächter, „eigentlich wollte ich die verschenken, weil die ja gern an Libelleneiern naschen. Aber ich habe niemanden gefunden, der sie haben wollte, und Libellen gibt es nun trotzdem“, sagt die 39-Jährige lächelnd. Eines Tages, als Olze sich wähnte, einen Helikopter am Ohr zu haben, kam sogar die große Plattbauchlibelle vorbei.
Einen Kleingarten wollte die Sozialwissenschaftlerin und Projektleiterin des Umweltzentrums schon länger, schließlich sieht sie in ihrem Job sehr genau, was sich in kürzester Zeit auf früheren Beton- und Schotterflächen an Leben einfindet und entwickelt, wenn man es nur machen lässt. Kleingärten sind ein rares Gut, die Wartelisten lang und „ich habe eineinhalb Jahre telefonieren müssen, bis es klappte“.
Der Garten war recht verwildert, der Vorbesitzer hatte offenbar nur noch Pacht gezahlt, es gab viele Waschbetonplatten, „ungefähr 250“, stöhnte Barbara Olze. Die sind zum Teil als kleine und größere Mauerninseln geblieben, die zum Beispiel gelben Mauerpfeffer bergen. Andere sind als Sitzplatz verbaut – wie auch eine runtergekommene Holzpergola zum dazugehörigen Tisch umfunktioniert wurde. „Aus Hässlichem etwas Schönes machen, nutzen, was noch möglich ist, statt neu kaufen“, so geht Nachhaltigkeit auf diesen 450 Quadratmetern. Mit Mann und Hund musste dennoch ab und zu zum Wertstoffhof und Schrottplatz gefahren werden. „Eigentlich wollte ich gärtnern, aber dafür brauchte ich erst einmal etwas Platz, hier lag Plastik, Spielzeug und viel anderes Zeug herum“.
Das Gärtnern ist ihr gelungen. Was ökologisch ok war, hat sie behalten – wenige ökologische Nichtsnutze auch, „man ist ja nicht radikal“. Wobei sie die Thuja-Bäume radikal „rasierte“ statt sie abzuholzen, diese dienen nun als lebendiges Rankgitter für Wildpflanzen. „Die Thuja ist eine Konifere, die hier nur zum Sichtschutz stand, für Insekten nutzlos.“
Zusätzlich zu den Blütenpflanzen hat sie Insektenhotels aufgestellt, „ein gutes und ein böses zum Vergleich“. Das gute ist größer, aus aneinandergereihten langen Bambusrohren, in denen die Wildbienen ihre Eier legen können. „Alle, die vorn verschlossen sind, sind belegt“, erklärt sie. Außerdem ist ein Gitter davor, „sonst wäre das ein reines Vogelbüfett hier“, sagt Olze. Dass in diesem Moment eine Wildbiene ins schlechte Hotel aus dem Baumarkt fliegt, um möglicherweise den Nachwuchs hier abzulegen – Platz ist immerhin in der kleinsten Hütte, ist auch ihr neu. „Die Rohre sind viel zu kurz, das Dekomaterial unbrauchbar oder sogar gefährlich“, sagt sie.
In diesem Garten wachsen Zimbelkraut, Ehrenpreis und Sandnelken, Purpurgeißklee und Storchschnabel, Thymian und Majoran, Labkraut, Ochsenauge und Kornelkirsche, Stachel-, Johannis- und Himbeersträucher für Insekt und Mensch, eine leckere alte Apfelsorte namens Finkenwerder Herbstprinz, Pfirsichbaum, Wilderdbeeren und Alpenflockenblume, der wollige Schneeball, die Felsenbirne, die wilden Hunds-, Hecht-, Zimtrosen – aber auch die Pfingstrose, „die es hier schon gab und die einfach schön ist“, obwohl kein heimisches Gewächs.Feige, Zitrone und Kiwi sind es auch nicht, aber als wenige Exoten im heimischen Stauden-, Kräuter- und Baumgarten sind sie völlig ok, gibt Barbara Olze ihnen quasi grünes Licht. Der Faulbaum wächst hier, „man nennt ihn auch Zitronenfalterbaum, weil er der Einzige ist, an den die Zitronenfalterraupen gehen“. Hier und da liegt etwas Totholz aus Gärten und Grundstücken alter Bekannter herum, das kriechenden, fliegenden oder laufenden Tieren Unterschlupf und Nistmöglichkeiten gibt.Wildes Gras wächst hier auch, das wird auch gemäht – aber manuell mit der Sense. „Ich habe gerade einen Sensen-Kurs gemacht.“ Klar, der Rasenmäher mit seinem rotierenden Schneiden, ist bequem, macht aber auch alles platt oder schneidet es in Stücke, was im Gras lebt. Oder dort nach Nahrung sucht.
Barbara Olze lebt die Natur in ihren Garten, das sieht sie auch in der Dornröschen-Nachbarschaft, wo viele auch junge Familien naturnahe Gärten haben. Wünschen würde sie sich, dass die Kolonien ihre Satzungen der Zeit anpassen würden. „Die Satzungen sind teils jahrzehntealt und hatten natürlich ihre Berechtigungen. Hier und da müsste man sie aber den Gegebenheiten von Ökologie und Klimakrise anpassen.“