Scheller wagte sich auf Neuland. „Es gab damals immer im Oktober das queere Film-Festival ,Perlen’ im Kino im Künstlerhaus, das war das einzige Angebot.“ Der Kinoenthusiast, der seine Leidenschaft einst als 16-Jähriger bei einem Schülerpraktikum für Kinokönig Hans-Joachim Flebbe entdeckt hatte und später in dessen Firma eine kaufmännische Ausbildung machte, wollte das schwule und lesbische Publikum aber regelmäßig bedienen. Was ihm damals half: „Die Filmbranche begann sich langsam für diese Stoffe zu interessieren.“ Filme wie der schwedische Streifen „Raus aus Amal“ wurden kommerzielle Erfolge. Zum Glück: „Wenn man immer wieder nur auf fünf Klassiker des Genres zurückgreifen kann, dann hat sich das ja schnell erschöpft.“
Ging es im „Club der gebrochenen Herzen“ um die Midlife-Crisis eines 28-jährigen Fotografen, griffen spätere Filme auch Themen wie Coming-out, Erotik oder Diskriminierung auf, der Dokumentarfilm „Paragraph 175“ zeigte, wie die Nazis im Dritten Reich den Artikel des deutschen Strafgesetzbuches für die systematische Verfolgung anwendeten. Bio-Pics wie „De-Lovely – die Cole-Porter-Story“ zeichneten Lebenswege berühmter Menschen nach.
Die Filme fanden ihr Publikum, im Juli 2006 erweiterte Scheller die Reihe, „WoMonGay“ widmete sich ebenfalls einmal im Monat lesbischen Geschichten auf der Leinwand. Im August zeigt er „Tar“ mit Superstar Cate Blanchett als machthungrige Dirigentin. Bei der Auswahl arbeitet Scheller mit den Beauftragten für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt der Stadt Hannover zusammen.
20 bis 200 Menschen kommen du diesen Montagsfilmen. „Es gibt ein festes Stammpublikum“, erkennt Scheller. Aber auch der Name einer Regisseurin oder eines Schauspielers könne wie ein Magnet wirken. „Freier Fall“ mit Max Riemelt war so ein Fall, das Drama um einen jungen Polizisten, der seine homosexuellen Neigungen leugnet. „Ausverkauft. An einem Montag, ganz ohne Gäste“, freut sich der Kinochef heute noch über den Film im Jahre 2013. Zur Hannover-Premiere von „Die Mitte der Welt“ kamen Regisseur Jakob M. Erwa und Hauptdarsteller Jannik Schümann. „Das Buch hatte mich schon weggeblasen“, sagt er über den Roman von Andreas Steinhöfel, „wir hatten ein tolles Gespräch auf der Bühne vor ausverkauftem Saal.“
Hat er in zwei Jahrzehnten Veränderungen bemerkt? „Natürlich. Die Gesellschaft ist offener geworden, es entstehen immer mehr Filme, die diese Lebenswelten abbilden“, findet Scheller, der keine Probleme hat, passende Filme auszuwählen. Das Spektrum sei sogar gewachsen, da auch die LGBTQI-Szene immer vielfältiger in Erscheinung trete. „Es ist normaler geworden, nicht mehr so exotisch“, freut sich der 56-Jährige. Sieht aber noch Luft nach oben: „Ich wünsche mir, dass diese Themen noch mehr im Mainstream ankommen.“