Einige der jungen Besucher werden noch gestillt, andere krabbeln während der Veranstaltung ungeniert durch das Freizeitheim Linden, manche krakeelen laut ins Crescendo des Akkordeons hinein. Bei so einem Babykonzert gelten eben andere Konventionen als bei der Radiophilharmonie.
„Singen ist wichtig für die Stimm- und Persönlichkeitsbildung – und es ist ein frühzeitiger Einstieg in den Spracherwerb“, sagt Anne Benjes vom Musikland Niedersachsen, das die Konzertreihe unter dem Motto „Singen von Anfang an“ initiiert hat.
Insgesamt stehen dabei an vier Orten in Hannover acht halbstündige Konzerte für Babys und Kleinkinder auf dem Programm. Das Interesse ist immens: „Fast alle sind bereits ausgebucht“, sagt Anne Benjes.
Souverän zaubert Mezzosopranistin Sonja Catalano im Freizeitheim Linden Staunen und Lächeln auf die Gesichter der Kinder, wenn sie diese bei „Bruder Jakob“ zum Mitsingen animiert. Bei „Summ summ summ“ summen auch die Jüngsten mit. Die charmante Sängerin lässt Kleinkinder quaken wie Frösche, kuckucken wie der Kuckuck, und wenn sie einmal quengeln wie Quengelkinder, stört das hier auch niemanden.
Viele Kinderliedklassiker in dem Konzert stammen aus dem Buch „Singen von Anfang an“, das Eltern mittlerweile in rund 200 von etwa 350 niedersächsischen Kinderarztpraxen bei der U4-Untersuchung überreicht bekommen. Die Idee dazu hatte Anne Benjes 2017, als sie mit ihren Zwillingen einen Pekip-Kurs besuchte und andere Mütter sie fragten, ob es eigentlich so etwas wie Liederbücher für Kinder gebe. „Da wurde mir bewusst, dass Singen nicht überall selbstverständlich ist“, sagt sie.
Das Konzept der Konzertreihe zielt darauf ab, auch Eltern, die selbst nicht musikalisch sozialisiert sind, anzusprechen. Der Eintritt ist frei; Große und Kleine dürfen sich mit Glöckchen und bunten Tüchern selbst einbringen – die Babykonzerte setzen auf Partizipation statt auf Perfektion.
Unterstützt wird das Projekt von der Bürgerstiftung Hannover und der Stiftung Sparda-Bank, die damit frühkindliche Bildung und Kreativität fördern wollen. Wie sehr Musik die Stimmung aufhellen kann – etwa beim Wickeln oder bei aufreibenden Autofahrten –, weiß Ina Mähl von der Bürgerstiftung aus eigener Erfahrung. Sie ist Großmutter einer zehn Monate alten Enkeltochter: „Wenn wir ein Lied anstimmen, ist das Kind gleich glücklich und zufrieden“, sagt sie.
„Corona hat der Chorszene sehr geschadet“, sagt Anke Steinbeck vom Deutschen Musikrat. Da sei es gut, dass jetzt auch die Jüngsten wieder zusammenkommen könnten, um gemeinsam Musik zu genießen: „Singen hat eine gemeinschaftsfördernde Kraft“, sagt sie.
Davon ist im Freizeitheim Linden durchaus etwas zu spüren. Wer noch nicht singen kann, brabbelt im Rhythmus mit. Wer klatschen will, darf das tun. Und bei „Brüderchen, komm, tanz mit mir“ tanzen die meisten gemeinsam mit. „Für unser Kind war es das erste Konzert“, sagt Katharina Fechner, die mit ihrer neun Monate alten Tochter hierhergekommen war, nach der Veranstaltung, „und wir alle hatten viel Spaß.“
Mehr Infos zu den Babykonzerten gibt es im Internet unter
www.singstart-niedersachsen.de