Nach dem Boom wird’s günstiger In der Pandemie begehrt und knapp: Das Geschäft für Fahrräder normalisiert sich wieder
Berlin. In den Corona-Jahren boomte die Fahrradbranche, doch inzwischen befinden sich Hersteller und Verkäufer in einer schwierigen Phase. Die Folge für die Verbraucher: Einige Händler haben ihre Preise inzwischen gesenkt, andere wollen folgen. In verschiedenen Bereichen gebe es einen Nachfragerückgang, die Lager bei Herstellern und Händlern seien nach Monaten der Lieferengpässe nun oftmals noch voll, sagt Reiner Kolberg, Sprecher des Zweirad-Industrie-Verbands.Das zeigte kürzlich auch eine Auswertung des Ifo-Instituts zu den Preiserwartungen deutscher Unternehmen. Der monatlich erhobene Index der Preiserwartungen sank im Fahrradhandel von April auf Mai um fast 50 Punkte auf minus 21,8. Das bedeutet, dass die Preise dort wohl mehrheitlich sinken werden. Der Index entsteht aus dem Prozentsatz der Unternehmen, die Preise erhöhen wollen, minus den Anteil, der Preissenkungen plant.In den Jahren 2020 bis 2022 erlebte die Fahrradbranche trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie äußerst erfolgreiche Zeiten. Radfahren ließ sich meist mit den Kontaktregeln vereinbaren, im Freien war die Ansteckungsgefahr gering. Entsprechend stieg die Nachfrage kräftig. Weil gleichzeitig Werksschließungen in Asien und Engpässe im Containertransport den Nachschub bremsten, zogen aber auch die Preise zum Teil kräftig an.
Auf den Produktionshochlauf folgten der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation, große finanzielle Unsicherheit bei vielen Menschen – und damit ein Nachfragerückgang. Die Händler bleiben teils auf ihrer Ware sitzen und müssen mit Rabatten reagieren. „Die Situation ist nicht leicht aktuell. Aber für die kommenden Jahre erwarten wir ein deutliches Nachfrageplus“, sagt Kolberg.
Die Gefahr, dass nach den Corona-Jahren alle Interessenten mit einem schicken neuen Zweirad ausgestattet sind und jahrelang kein neues brauchen, sieht Kolberg nicht. „Es gibt keine Sättigung, aber gerade auch keinen Run.“ Nahezu jeder Haushalt habe eine Kaffeemaschine, aber niemand käme auf die Idee, von einer Marktsättigung zu sprechen. Die Industrie könne mit Innovationen auch wieder Fahrradkäufer anlocken.
Vor allem bei E-Bikes und Lastenrädern seien die Aussichten gut, sagt der Verbandssprecher. „Im Bereich Mountainbikes sind aktuell 90 Prozent der verkauften Räder E-Mountainbikes.“ Bei Lastenrädern wirke zwar zunächst der Anschaffungspreis hoch, die laufenden Kosten seien aber deutlich geringer als etwa bei einem Auto.