Das Thema ist vermint. Denn wer über die Flächen am Leibnizufer nachdenkt, stellt automatisch die Breite des Cityrings infrage, der dort mit sechs Autostreifen den Verkehr am Zentrum vorbeiführt. Schon der ehemalige Stadtbaurat Uwe Bodemann (parteilos, aber SPD-nah) hatte es irgendwann aufgegeben, für einen Umbau zu werben. Zu groß waren die Widerstände.
Die grün-rote Ratsmehrheit wagt jetzt einen neuen Anlauf. „Wir wollen in den Diskurs einsteigen, welche Verkehrsflächen, welche Natur- und welche Freizeitflächen wir brauchen“, sagte Grünen-Fraktionschef Daniel Gardemin im Bauausschuss. Die Entwicklung auf der Nordseite der Leine werde von den Menschen gut angenommen.
SPD-Fraktionschef Lars Kelich stimmte ihm zu. „Es kann so nicht bleiben. Und wer nicht handelt, der wird behandelt“, sagte er. Andere Städte machten längst vor, wie urbane Flussufer neu definiert werden könnten, sagte Kelch und verwies etwa auf Mannheim, das seine Neckarwiesen herausputzt.
CDU-Baupolitiker Patrick Hoare stimmte zwar der Idee einer Expertenanhörung zu, schränkte aber ein: „Am Cityring brauchen wir die Kapazitäten, die wir jetzt haben.“ Leibnizufer und Friedrichswall müssten ihre Breite behalten: „Eine Verengung auf Grün und Spaß werden wir nicht mittragen.“ FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke stimmte ihm zu. Zwar gebe Rot-Grün das Ziel aus, das Leibnizufer schöner zu machen. „Aber letztlich geht es darum, die Leistungsfähigkeit des Cityrings zu reduzieren.“ Gerade die Staus der vergangenen Tage vorm Rathaus aber hätten gezeigt, dass eine Spurreduzierung unmöglich sei.
„Da kann man ja gleich aufhören, Politik zu machen“, entgegnete Gardemin. Kelich sagte, es gehe immerhin um „das Herzstück der Stadt“. Grünen-Verkehrspolitikerin Julia Stock sagte, Hannover habe „viele Verkehrsflächen, die einer autofreundlichen Zeit entspringen“. Andere Städte nutzten die Verkehrsflächen inzwischen so, „dass sie den Menschen nützen“. Das wiederum brachte CDU-Ratsherr Joachim Albrecht auf die Palme: „Wer sagt, dass er Fahrspuren den Menschen zurückgeben will, zeigt, dass er Autofahrer nicht als Menschen bezeichnet.“ Letztlich votierten aber alle Fraktionen einstimmig für das Vorhaben, sich nach der Sommerpause Ideen zur Umnutzung des öffentlichen Raums anzuhören. Davon gab es viele in den vergangenen Jahren. Im City-2020-Stadtdialog etwa wurde das Büro KSW dafür ausgezeichnet, unterhalb der Nanas eine flache Furtbrücke über die Leine zu führen und das grüne Südwestufer mit wassernahen Wegen aufzuwerten.
Aus dem damaligen Wettbewerb stammen auch Ideen dafür, am Flohmarktparkplatz und an der Kreuzung Goethestraße mit Gebäuden Akzente zu setzen – historisch war der Bereich eng bebaut. Und zuletzt hatten Fischereiverein und der Verein Leinewelle gemeinsam Pläne präsentiert für die Einrichtung eines Uferparks und einen Neubau der Friederikenplatzkreuzung, die pfiffige Ideen für den Radverkehr enthielten – und einen Fischpass, der die Wasserkunst für Fische passierbar macht.
All das soll die Bauverwaltung auf Bitten von Kelich noch mal zusammenstellen. Und dann sollen die Experten referieren. Ein Datum steht noch nicht fest.