Dass in diesem Jahr gleich zwei Frauen im Bruchmeisteramt über das Schützenfest schlendern und als sichtbare Repräsentantinnen des Schützenfests fungieren, ist kaum noch eine Überraschung. Mehrere Frauen sollen sich dem Vernehmen nach beworben haben. Die eigentliche Revolution fand aber im vergangenen Jahr statt. Damals war Vanessa Smorra Hannovers erste Bruchmeisterin – und der jungen Frau flogen alle Herzen zu.
Samantha Stanton, 22 Jahre alt, stammt aus der Bogensportabteilung des VfL Grasdorf und hält die Weiße Standarte hoch. Damit führt sie beim Schützenausmarsch den ersten Zug an. Der 23-jährige Ali Hasan gehört der Schützengesellschaft Linden von 1904 an und marschiert mit der Roten Standarte an der Spitze des zweiten Zuges. Jennifer Seegers ist 34 Jahre alt, kommt aus der Schützengesellschaft von 1834 Letter und hält die Gelbe Standarte hoch. Sie führt den dritten Zug an. Der 25-jährige Eike Christian Bader ist Mitglied der Schützengesellschaft Wilhelm Tell von 1952. Er trägt die Grüne Standarte und ist dem vierten Zug vorangestellt.
Vor der ersten Berufung einer Frau in das Traditionsamt hatte es Streit darüber gegeben, ob Hannover nach mehr als 700 Jahren die Bruchmeisterwürde für alle Geschlechter öffnen sollte. Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) wagte Ende 2021 den Vorstoß, mit der Tradition zu brechen, und bekam anfangs viel Gegenwind. Viele unter den ehemaligen Bruchmeistern schüttelten die Köpfe. Innerhalb von SPD und CDU gab es ebenfalls Unmut. Onay hätte vorher mit den Schützinnen und Schützen sprechen sollen, hieß es. Der OB bekam jedoch Unterstützung von Schützenpräsident Paul-Eric Stolle – und damit war die Sache im Grunde entschieden.
Inzwischen sind auch die letzten Bollwerke gegen die Neuerung gefallen. Das Collegium ehemaliger Bruchmeister hat kürzlich seine Satzung geändert, sodass auch Bruchmeisterinnen in den erlauchten Kreis aufgenommen werden können. Knapp 90 Prozent der versammelten ehemaligen Bruchmeister haben der Änderung zugestimmt, notwendig war eine Zweidrittelmehrheit.