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Ohne ausreichend Arbeitskräfte gerate auch das Renteneinkommen ins Wanken – weil es nicht genügend Menschen gibt, die die laufenden Renten erwirtschaften, sagt Zukunftsforscher Hartwin Maas.
Auf 100 Personen im Erwerbsfähigenalter kamen im Jahr 2021 in Deutschland 37 Personen im Rentenalter, so das Statistische Bundesamt. Tendenz steigend. Ende der 90er-Jahre waren noch 25 Personen im Rentenalter auf 100 Menschen im Erwerbsfähigenalter gekommen. Auch die Rentenbezugsdauer steigt seit Jahren. Während sie 2001 noch bei rund 16 Jahren lag, waren es 2021 bereits mehr als 20 Jahre.
Europa handelt, laut Maas, „eher operativ und adhoc als strategisch“. Die permanente Anpassung sei längst zum Regelfall geworden. Er fordert: „Wir müssen in Europa langfristiger denken, über die Wahlperioden hinaus, und darüber auch einen offenen Diskurs für Zukunft in einer offenen Gesellschaft führen.“
Jan Miede, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, ist dagegen überzeugt: Die Rentenversicherung sei gut auf die Zukunft vorbereitet. „In der Rentenversicherung haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, dass das Rentenrecht immer wieder überprüft und angepasst wurde“, sagt Miede. Das sei das „Erfolgsrezept“ der Deutschen Rentenversicherung. Diese Flexibilität sei mit Blick auf den demografischen Wandel und die weltpolitische Entwicklung notwendig. Jungen Menschen rät er dennoch, sich so früh wie möglich mit ihrer Zukunft zu beschäftigen. „Sie sollten auch überlegen, wie sie zusätzlich vorsorgen können“, sagt er.
Etwa 1100 Euro netto hat Michelle in ihrer Ausbildung aktuell zum Leben. Genug Geld, um über die Runden zu kommen, sagt sie. Erst wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen habe und mehr verdiene, könne sie sich vorstellen, etwas Geld beiseitezulegen.
Christiane Göpf empfiehlt jungen Frauen wie Michelle einen frühzeitigen Blick auf ihre finanzielle Situation. Die Inhaberin der Firma Femfinanz ist auf die Finanzberatung für Frauen spezialisiert. Auch in Hannover hat sie ein Büro. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Angebote speziell für Frauen, sich über Altersvorsorge und Geldanlage zu informieren. Einer der Gründe: In Deutschland sind Frauen in allen Altersgruppen stärker armutsgefährdet als Männer. Laut des Statistischen Bundesamtes betrug die Armutsgefährdungsquote 2021 bei Frauen 16,5 Prozent. Bei Männern waren es 15,1 Prozent. Mit zunehmendem Alter wächst dieser Unterschied.
Kritisch betrachtet Göpf besonders einen Trend: Immer häufiger erlebe sie, dass junge Frauen, auch ohne Mann und Kind, in Teilzeit arbeiten. „Leider erkennen sie dann erst mit 40 oder 50 Jahren, dass sie in die Altersarmut rutschen.“
Grundsätzlich sei eine Beratung rein für Frauen sehr sinnvoll. „Einige Frauen fühlen sich bei Banken oder Versicherungsvertretern nicht verstanden, weil diese oftmals spätestens nach dem zweiten Satz den Ehemann beraten“, sagt Göpf.