So ganz zufrieden ist der Zeckenexperte Masyar Monazahian am Dienstag vergangener Woche nicht gewesen. Beim „Zeckenflaggen“ auf dem alten Stadtfriedhof am Lindener Berg sind ihm nur wenige Insekten ins weiße Tuch gegangen. Vor Medienvertretern sagte der Wissenschaftler vom Landesgesundheitsamt (LGA), dass die Stadt kurz zuvor den Rasen gemäht habe. Und da zögen sich die Blutsauger nun mal zurück.
Aber klar sei: „Die Region Hannover hat schon viele Zecken.“ Der Virologe macht dafür die wärmeren Winter verantwortlich. Sie sorgten für einen ununterbrochenen Entwicklungszyklus der Krankheitsüberträger, und auch für die Wirtstiere (zum Beispiel Mäuse) seien weniger Frosttage gut.
Und die Parasiten werden immer gefährlicher. „Etwa zehn bis 40 Prozent übertragen Borrelien. Früher waren es nur vier bis 15 Prozent“, sagt der Experte. Und im Gegensatz zu früher weitet sich auch die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) immer weiter nach Norden aus. Früher gab es keine FSME-Infektionen nördlich des Mains. Heute tauchen auch in der Region Hannover, Cuxhaven und dem Kreis Nienburg vereinzelt solche Fälle auf.
Seit 2019 gilt der Kreis Emsland als Risikogebiet. „Bei mehr als einer FSME-Infektion pro 100.000 Einwohner weist das Robert-Koch-Institut das Gebiet als Risikogebiet aus“, sagt der LGA-Virologe. Aber vor allem sei die Stadt Lingen im Emsland von der Viruserkrankung betroffen.
Warum wird ein alter Friedhof zum Jagdgebiet für Virologen? „Die Tiere befinden sich überwiegend im städtischen Bereich – weniger im Wald“, sagt Masyar Monazahian. Im hohen Gras oder Büschen bis zu etwa 70 Zentimeter Höhe warten die Tiere auf einen Wirt.
Der beste Schutz gegen eine FSME sei die Impfung. Und das sollte vor allem für Fernreisende gelten. Denn zum Beispiel in Südostasien löse eine bestimmte Virenart besonders schwere Erkrankungen aus – mit einer hohen Todesrate. Der größte Teil einer Borreliose verlaufe hingegen wie eine Grippe. Nur bei den Wenigsten trete ein zweiter Fieberschub und in der Folge eine Erkrankung des Nervensystems auf.Deshalb der Tipp: Nach Aufenthalten in der Natur Kleidung und Körperstellen (Kniekehlen, Arme, Kopf, Hals oder den Schritt) nach Zecken absuchen. Auch Zeckenschutzsprays helfen für eine begrenzte Dauer, wenn man sie auf Hautstellen und die Kleidung sprüht.