Antworten auf viele Fragen hat Felix Bettin, der Leiter des städtischen Forstbetriebs. Er erklärt die vielen umgefallenen Bäume so: Sei ein Baum abgestorben, zersetzten sich die Wurzeln im Boden schneller als das freistehende Stammholz in der Luft: „Deshalb bringt Wind die toten Bäume nach einigen Jahren Zersetzung schneller zu Fall“, erklärt Bettin.
Und warum liegen im Wald so viele umgestürzte Baum-Kadaver? Warum räumt die niemand weg? Bettin: „Die entwurzelten Bäume entfernen wir nur teilweise.“ In ausgewiesenen Naturwäldern sei es sogar verboten, die Baumstämme zu entfernen. „Die Naturwälder sollen sich wie Urwälder frei entwickeln können“, erklärt der Förster.
Aber auch in der übrigen Eilenriede oder in der Seelhorst lassen die Förster die gefallenen Bäume gern liegen. Denn die großen Wurzelteller sind wertvolle Biotope. „Das über viele Jahre hinweg langsam verwitternde Totholz bietet vielen Insekten Lebensräume“, sagt Felix Bettin. So trage es zur Biodiversität in der Landeshauptstadt bei. Außerdem binde es Wasser: „Je mehr Totholz im Wald verbleibt, desto feuchter bleibt das Waldklima“, so der Experte.
Das – fehlende – Wasser ist auch der Grund, warum immer mehr Bäume im Stadtwald absterben und vom nächsten Windstoß umgerissen werden: „Viele Bäume in der Eilenriede sind durch die Witterungsextreme der vergangenen Jahre stark geschädigt oder bereits abgestorben“, sagt Bettin. Das Jahr 2022 war nach dem klimatologischen Rückblick des Deutschen Wetterdienstes (DWD) europaweit das zweitwärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn mit der höchsten Sonnenscheindauer seit 1951.
Seit 2009 waren fast alle Frühjahre in Deutschland zu trocken, im Sommer folgten intensive Hitzewellen und Dürren. „Das schwächt die Bäume, sodass sie anfälliger für sogenannte Sekundärschädlinge werden“, sagt Felix Bettin. Und: „Was die Trockenheit in den letzten Jahren nicht geschafft hat, vollenden dann holzzersetzende Pilze oder Käfer.“
Auch das regnerische Wetter der letzten Monate hilft da nur bedingt: Die Böden seien aktuell wieder gut durchfeuchtet. Doch ohne Laub benötigen die Bäume das Wasser kaum, wichtiger sei da der Niederschlag in den Sommermonaten, der Vegetationsperiode. „Selbst bei gut wasserversorgten Böden reichen ein paar Wochen Trockenheit aus und die Bäume geraten wieder in Trockenstress“, betont Förster Bettin.
Die Eilenriede sei dennoch gut für die Zukunft gerüstet. Sollten einige Baumarten komplett wegsterben, füllten andere Arten die Lücken im Laubmischwald auf. So bleibe die Eilenriede auch weiterhin erhalten. „Sie verändert nur an manchen Stellen ihr Aussehen“, so Bettin.
Dennoch habe der städtische Forstbetrieb mit Rücksicht auf die Klimaentwicklungen einen Plan erstellt: „Unsere heimische Stieleiche hat eine sehr gute Zukunftsprognose“, sagt Bettin, „das ist auch die einzige Baumart, die wir aktiv pflanzen.“ Darüber hinaus setze der Forstbetrieb auf die große Artenvielfalt und auf Naturverjüngung. „Die Bäume passen sich selbstständig über die Generationen genetisch an die veränderten Umweltbedingungen an“, erläutert Förster Bettin.
„Von einem Waldsterben kann in der Eilenriede trotz aller Probleme nicht gesprochen werden“, sagt der Förster. Ein Laubmischwald sei grundsätzlich sehr robust. Anders sei das bei Monokulturen. „Im Harz (Monokultur Fichte) konnte sich der Borkenkäfer wegen fehlender Mischbaumarten massiv vermehren“, so Bettin. Das habe zu dem großflächigen Waldsterben geführt.