Ritgen erinnert sich an die Anfänge. Der heute 68-Jährige war gerade mal 21 Jahre alt, machte eine Ausbildung zum Kaufmann in einer Werbeagentur und veranstaltete nebenbei Konzerte im Gymnasium Langenhagen – von Guru Guru und Ton Steine Scherben bis zu einer gewissen Band namens Scorpions. Ritgen kannte auch das DJ-Duo Lutz Ackermann und Hans Herbert Böhrs, die regelmäßig „Disco Total“-Partys veranstalteten. Unter dem Titel „Fasching Total“ organisierte er dann die erste Rotation-Party.
Ritgen stieg in die Programmgestaltung der Rotation ein und kümmerte sich um Künstler wie Klaus Doldinger, Stranglers und Ideal. „Die Rotation war von Lederjacken und gradliniger Deftigkeit geprägt“, sagt Ritgen heute. „Wer es eher chic haben wollte, ging in den Musikpalast, die heutige Osho-Disko.“
Die größte Herausforderung für den Konzertbetrieb war die Bühne, die zunächst nur fünf Meter breit war. Der Raum der ehemaligen Druckerei war von Betonpfeilern geprägt. „Vieles war eher einfach gehalten“, berichtet Ritgen. „Leuten wie Robert Palmer war es bei uns zu düster.“ Und: „Wir haben ja auch keinen Schlager gemacht.“ Zur musikalischen Stilrichtung passte das Lieblingsgetränk der Gäste: „Man bestellte eine Flasche Cola und mischte sie mit zwei Litern Weißwein der Marke Rebenthaler.“An die besondere Atmosphäre erinnert sich auch der Fotograf Burkhardt ED Rump, der viele Künstler wie Drafi Deutscher oder Otto Waalkes in der Rotation fotografisch festgehalten hat. „Wer das Glück hatte, von einem Türsteher nicht wegen Überfüllung vertröstet worden zu sein, der verbrachte die nächsten Stunden in der Rotation beim Tanzen, Trinken oder mit der Suche nach der großen Liebe seines Lebens“, erinnert sich Rump. „Die Luft war eine Mischung aus sinnesberaubenden Parfümdüften, zartem Schweiß und Zigarettenrauch. Sie berauschte die Sinne.“Für Ritgen war die Rotation eine wichtige Station seiner erfolgreichen Karriere als Kulturmanager. Er kümmerte sich nach der letzten Silvesterparty in der früheren Druckerei, die am 31. Dezember 1987 gefeiert wurde, in den Folgejahren um Depeche Mode im Ballroom Blitz in Misburg, um den Musikzirkus und bald auch um die Music Hall auf dem Hanomag-Gelände. „Ich betreibe keine Retrospektive, bin aber stolz auf die Vergangenheit“, sagt der 68-Jährige, der heute den Kunstladen in der List unterstützt.
Zur Revival-Feier der Rotation kommt Ritgen ebenso wie Fotograf Rump. Der Ort des Geschehens ist aber nicht mehr an der Goseriede – gefeiert wird in der Alten Druckerei auf dem Gelände der Mediengruppe Madsack in Bemerode. „Schön, dass man sich wieder treffen kann, die alten DJs wieder den Plattenspieler rotieren lassen und man für einen Abend vollkommen vergessen kann, wie alt man in der Zwischenzeit geworden ist“, meint Rump.
Die Party am Mittwoch, 17. Mai, steigt im Veranstaltungszentrum Alte Druckerei am Pressehaus, August-Madsack-Straße 1. Sie beginnt um 21 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf in den HAZ- und NP-Ticketshops; sie kosten 12 Euro zuzüglich Gebühren.