Das ist ein Platz schlechter als 2021, als zuletzt die Ergebnisse des Klimatests des Radfahrerclubs ADFC vorgestellt wurden. Im Durchschnitt gaben die Befragten Hannover die Note 3,63. Das wäre in der Schule gerade einmal ein „ausreichend“.
Der ADFC in Hannover sparte deshalb nicht mit Kritik. „Der Fahrradklimatest zeigt, dass die Radfahrenden in Hannover immer noch keine durchgreifende Verbesserung der Situation erfahren“, sagte Sprecher Eberhard Röhrig-van der Meer. Die erreichte Note sei „kein Grund zum Feiern“. Immerhin ist sie minimal besser als 2021, als Hannover mit 3,67 bewertet wurde.
ADFC-Vorstandsmitglied Dirk Hillbrecht bemängelte, dass die Velorouten und die Verkehrsberuhigung der Innenstadt immer noch nicht „auf der Straße angekommen“ seien. Zudem stiegen die Ansprüche des Radverkehrs.
Große Probleme in Hannover gibt es laut ADFC weiterhin bei der Absperrung von Baustellen. In der aktuellen Befragung gab es dafür die Note 4,7. Das bedeutet „mangelhaft“.
Röhrig-van der Meer sieht „auch im Jahr 2023 schwere Qualitäts- und Sicherheitsmängel für den Radverkehr in Baustellen“. Zum Beispiel am Schiffgraben, wo es im März heftige Kritik an den Absperrungen gab. Dort war auch eine Frau schwer gestürzt und mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden.
Besonders unzufrieden sind die Radfahrerinnen und Radfahrer in Hannover auch mit den Kontrollen von Falschparkenden auf Radwegen (Note 4,7), der Breite der Radwege (4,5), mit den Ampelschaltungen (4,5) und aufgrund von Konflikten mit dem Autoverkehr (4,4). Bessere Noten gab es für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,3), in Gegenrichtung geöffnete Einbahnstraßen (2,2) und das Netz der Radwege (2,6).
Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) freut sich über den Platz auf dem Treppchen und sieht Hannover „auf dem richtigen Weg“. Das Ergebnis sporne die Stadt an, „Planungen für Hannovers Fahrradinfrastruktur – allem voran die Velorouten – noch schneller umzusetzen“.
Vor Hannover bei den Großstädten landeten Bremen (3,57) und Frankfurt am Main (3,61). Besonders schlecht schnitten in dieser Kategorie Essen (4,28), Dortmund (4,27) und Köln (4,24) ab. Die bundesweit rund 245.000 Teilnehmenden an der nicht repräsentativen ADFC-Umfrage stellten Deutschland mit Blick auf die Fahrradfreundlichkeit lediglich die Note 3,96 aus. Seit dem vorigen Fahrradklimatest vor zwei Jahren hat sich die Stimmung damit sogar verschlechtert (damaliges Ergebnis: 3,93).„Es ist ein Trend, den wir mit Sorge beobachten“, sagte die politische Bundesgeschäftsführerin des ADFC, Ann-Kathrin Schneider, am Montag bei der Vorstellung. Die Menschen hätten „weniger Spaß beim Fahrradfahren“.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte „Lückenschlüsse“, vor allem auf dem Land. Wenn auf dem Land eine Lücke in der Fahrradinfrastruktur ein Sicherheitsrisiko darstelle, sei das ein Ausschlusskriterium für die gesamte Strecke. „Das kann nicht richtig sein, das muss man ändern“, forderte der Minister. Er verwies auf die verstetigten Fördermittel des Bundes für den Ausbau der Radinfrastruktur in den Kommunen.
Die hannoversche Bundestagsabgeordnete Swantje Michaelsen (Grüne) sieht auch bei Wissing selbst Handlungsbedarf. „Damit es in Hannover mit dem Radverkehr noch schneller vorangeht, muss der Bund jetzt das Straßenverkehrsgesetz reformieren“, forderte sie.
Dieses „Uralt-Gesetz aus der Kaiserzeit“ habe bislang nur ein Ziel: die Sicherheit und Flüssigkeit des Autoverkehrs. Damit bremse es notwendige Veränderungen in den Kommunen aus. „Tempo 30 auf der Wedekindstraße oder der Marienstraße beispielsweise scheitern trotz politischen Willens in Hannover am Bundesgesetz.“