Schritt für Schritt gegen die Krankheit
Manche Parkinson-Patienten können kaum noch gehen.
Nordic Walking ist ein Ansatz, wieder Tritt zu fassen. In einer Gruppe des TuS Bothfeld hat es geklappt.

Parkinson-Walking GruppeFoto: Florian Petrow
Hannover. Volker (seinen Nachnamen möchte er nicht nennen) konnte seine Füße kaum noch heben. Durch seine Parkinson-Erkrankung ging bei ihm nicht mehr viel. Weil der leidenschaftliche Golfer schlichtweg nicht mehr viel gehen konnte, es ihm zunehmend schwerer fiel. Der 83-Jährige spielte nur noch neun statt 18 Löcher und nahm dabei immer das Golfkart. „Volker hat die richtige Trittabfolge nicht mehr gemacht, das wurde über die Jahre schlimmer. Parkinson ist eine schleichende Krankheit“, sagt Rainer Nierfeld vom TuS Bothfeld. Er ist Nordic-Walking-Übungsleiter und hat mit einer Gruppe für Erkrankte im Wortsinn erstaunliche Fortschritte erzielt. Alle Teilnehmer profitierten davon. Volker ist einer von ihnen. „Meine Physiotherapeutin sagt, dass es etwas bringt“, so der Isernhagener.

Parkinson ist nicht nur Zittern, es hat zahlreiche Symptome. Den Betroffenen fällt das Gehen schwer, manchen sogar über die Maßen. Sie frieren förmlich ein. Dieser „Freezing-Effekt“ tritt meist vor dem ersten Schritt auf. An der Ampel, in der Supermarktschlange, beim Umdrehen, beim Einsteigen in die Bahn. Das führt dazu, dass viele Erkrankte lieber daheim bleiben.

„Wieder Tritt fassen, darum geht es. Wieder mehr Lebensqualität finden“, so Nierfeld. Der 69-jährige pensionierte Geophysiker setzte einen Parkinson-Kurs auf die Spur. Auf die Idee hatte ihn eine Teilnehmerin seiner Nordic-Walking-Gruppe gebracht, als sie vor vier Jahren die Diagnose bekam: Michaela Martin, inzwischen Leiterin der Regionalgruppe Hannover der Deutschen Parkinson Vereinigung (DPV).

Der Vorteil beim Nordic Walking: weite, ausladende Bewegungen. Sie sind wichtig bei dieser Krankheit, die alles verlangsamt. „Außerdem geben die Stöcke eine gewisse Sicherheit“, sagt Nierfeld, der die Sportler gemeinsam mit seiner Frau Anne betreut. Beide kennen sich inzwischen etwas aus mit Parkinson. „Nach sechs Einheiten waren die Erfolge sichtbar, die Teilnehmer konnten deutlich besser gehen“, so Nierfeld. Aus den Nordic Walkern formierte sich ein Kreis, der mittlerweile selbstständig durch die Eilenriede walkt.

Sport für an Multipler Sklerose (MS) erkrankte Menschen bietet der TuS Bothfeld als viertgrößter Verein Hannovers bereits an und erweitert die Palette nun. „Es geht uns darum, dass alle MS-Sportangebote auch für an Parkinson Erkrankte offen sind“, betont TuS-Sportwart Thomas Riebe und nennt das gelebte Inklusion: „Das ist gerade in diesen besonderen gesellschaftspolitischen Zeiten sehr wichtig und sehr wertschätzend den Menschen gegenüber.“

Für Michaela Martin sind niederschwellige Angebote entscheidend: „Da muss keiner Angst haben, eine Kursbremse zu sein. Alle können mitmachen, selbst wenn es nur kleine Schritte sind. Jeder ist wichtig.“ Das sei viel besser, als die Krankheit zu überspielen und zu verstecken. „Denn das ist ebenso anstrengend und hilft nicht weiter“, so Martin.

Volker ist mittlerweile wieder auf Golfplätzen unterwegs. Alle 18 Bahnen abzulaufen schafft er zwar nicht, das wäre etwas viel. „Auch an die neun traue ich mich noch nicht heran“, sagt er. Immerhin: Mit dem elektrischen Golfkart muss er nicht mehr so dicht bis zum Ball fahren. Mit den Stöcken ist er erstaunlich schnell und sicher unterwegs. Der 83-Jährige vermag etwas weitere Strecken zu gehen. „Er hat er seinen Grad der Freiheit erweitert“, so formuliert es Nierfeld: „Man muss gegen die Krankheit arbeiten, und sich diese Freiheit so lange wie möglich konservieren.“

Informationen für Erkrankte und deren Angehörige gibt es online auf dpv-bundesverband.de/hannover

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