„Medikamente sind nur ein Teil der Therapie“
MHH-Experte Dr. Martin Klietz empfiehlt Tanzen und mediterrane Kost. Mehr als 400.000 Betroffene.

Dr. Martin Klietz ist Facharzt für Neurologie an der MHH. Foto: MHH
Hannover. Parkinson-Experte Dr. Martin Klietz ist Facharzt für Neurologie an der MHH. Er rät unter anderem zu viel Bewegung und mediterraner Kost. Worauf Betroffene sonst noch achten können, beschreibt er wie folgt:

„Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung bei erwachsenen Menschen. In Deutschland sind mehr als 400.000 Menschen davon betroffen. Ursächlich hierfür ist eine Degeneration Dopamin produzierender Nervenzellen im Mittelhirn. Die Patienten leiden sowohl an motorischen Symptomen wie Verlangsamung der Bewegungen, Steifigkeit und Ruhetremor als auch an nicht-motorischen Symptomen wie Depressivität, Ängste, kognitive Einschränkungen, halluzinatorisches Erleben, Störungen der Impulskontrolle, Schlafprobleme, Drangprobleme der Blase, Verstopfungsneigung und Kreislaufinstabilität.

Wir betreuen an der Medizinischen Hochschule Hannover viele Parkinson-Patienten in jedem Stadium der Erkrankung. Diese beginnt in der Prodromalphase (REM-Schlaf-Verhaltensstörung), entwickelt sich über die manifeste Parkinsonerkrankung bis in weit fortgeschrittene Stadien. An unserem Standort können wir alle spezifischen Therapien anbieten.

Durch die medikamentöse Dopaminersatztherapie werden vor allen Dingen die motorischen Symptome deutlich gebessert. Auch manche nicht motorischen Symptome sprechen darauf an. Trotzdem bilden die Medikamente nur ein Teil der Parkinsontherapie ab. Für Betroffene ist es extrem wichtig, dass eine abwechslungsreiche mediterrane Ernährung eingenommen wird. Außerdem ist es wichtig, dass regelmäßige aktivierende Therapien durchgeführt werden. Die Möglichkeiten hierbei sind vielfältig. Auf der einen Seite gibt es die professionell durchgeführten Therapien wie Krankengymnastik, Ergotherapie und auch Logopädie. Auf der anderen Seite steht das selbstständige Training in Gruppen oder in Vereinen.

Dabei sind die Möglichkeiten des Trainings verschieden. Es gibt sehr gute wissenschaftliche Daten für Tanzen bei Morbus Parkinson. Auch Nordic Walking verbessert nachgewiesenermaßen die Konstitution, Balance, Gehstrecke und das Befinden von Parkinson-Patienten. Tischtennis kann eine weitere kurzweilige und gute Option sein und wird von vielen Patienten gerne angenommen.

All diese Trainings führen dazu, dass im Gehirn plastische Prozesse stattfinden, welche gegen den Abbau von Nervenzellen gerichtet sind. Das Gehirn fährt seine Kompensationsmechanismen hoch und arbeitet regenerativ gegen den Dopaminmangel. Studien haben belegt, dass PatientInnen, die regelmäßig trainieren, einen deutlich langsameren Krankheitsverlauf aufweisen als Kontrollgruppen. Dieses bezieht sich sowohl auf die motorischen Symptome, als auch auf die nicht-motorischen Störungen. Die Patientin haben dadurch die Möglichkeit, Selbstwirksamkeit zu erlangen und eigenständig etwas gegen die Erkrankung zu tun.

In meiner Sprechstunde rate ich daher jedem Patienten neben der medikamentösen Therapie auf gesunde Ernährung zu achten und ausreichend Sport zu machen, mindestens dreimal pro Woche für 30 Minuten. Das Wichtigste hierbei ist es, eine Sportart zu finden, welche praktikabel ist und Spaß bringt. Es sollte im aeroben Ausdauerbereich trainiert werden, um den besten Trainingserfolg zu haben. Insbesondere zu Beginn des Trainings ist es empfehlenswert, mit Übungsleitern einen Trainingsplan aufzustellen. Zum Glück gibt es heutzutage viele Angebote innerhalb und außerhalb von Parkinson-Patientengruppen.“

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