Exotische Lebensmittel wie Chia, Goji oder Moringa gelten als besonders gesundheitsfördernd. Doch oft fehlen dafür wissenschaftliche Belege. Auch hohe Preise, weite Transportwege und mögliche Schadstoffrückstände wecken Skepsis. Eine nachhaltige Alternative sind Pflanzen, die vor der eigenen Haustür wachsen – wenngleich hiesige Garten- und Wildpflanzen oft stiefmütterlich behandelt werden. Dabei haben sie in Sachen Nährstoffe und Geschmack mindestens genauso viel zu bieten und lassen sich vielfältig verwenden.
Heimische Sorten wie Brennnessel, Hagebutte und Kapuzinerkresse können den Speiseplan bereichern und dank ihrer erstaunlichen Fülle an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen das Wohlbefinden steigern. Gerade jetzt im Herbst lohnt sich der Blick auf das, was im eigenen Garten oder am Wegesrand wächst. Beim Sammeln gilt: trockene Tage abwarten, nur an von Schadstoffen unbelasteten Standorten ernten und stets etwas für Wildtiere übrig lassen.
■ Brennnessel: Unterschätztes Kraftpaket
Inhalt und Wirkung: Kaum eine Pflanze wird so unterschätzt wie die Brennnessel. Wegen ihrer Brennhaare gilt sie vielen als lästiges Unkraut – dabei steckt sie voller wertvoller Nährstoffe. Ihre Blätter enthalten viel Kalzium, Magnesium, Kalium, Eisen und Silicium und sind reich an Vitamin A und C. Damit unterstützt die Heilpflanze des Jahres 2022 die Abwehrkräfte, wirkt entzündungshemmend und durchblutungsfördernd.
Ernte und Verwendung: Vor allem die jungen Blätter eignen sich für die Küche. Sie können bis in den Herbst hinein geerntet werden – am besten gehen Sie mit Handschuhen ans Werk. In der Küche lassen sich die Brennnesselblätter wie Spinat zubereiten, zu Pesto mixen, zu knusprigen Chips backen oder roh in Smoothie oder Salat genießen. Getrocknet ergeben sie einen kräftigen Kräutertee. Damit sie nicht mehr brennen, reicht es, die Blätter kurz zu blanchieren oder mit dem Nudelholz zu walzen. Richtige Kraftpakete sind die kleinen Samen. Sie reifen aktuell aus und sind reich an Vitamin E, hochwertigem Pflanzenprotein und der Omega-6-Fettsäure Linolsäure. Geröstet oder getrocknet verfeinern sie Müsli, Joghurt oder Salat mit einem nussigen Aroma. Für die Ernte eignen sich die weiblichen Pflanzen. Zu erkennen sind sie daran, dass ihre Fruchtstände nach unten hängen, während die der männlichen Pflanzen seitlich abstehen.
■ Hagebutte: Vitaminbombe für den Winter
Inhalt und Wirkung: Die leuchtend roten Früchte verschiedener Rosenarten sind wahre Vitaminbomben. Mit rund 1250 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm frischer Frucht übertreffen sie den Klassiker Zitrone und die viel gepriesene Goji-Beere um ein Vielfaches. So stärken Hagebutten das Immunsystem und beugen Erkältungen auf natürliche Weise vor. Hinzu kommen Antioxidantien und Beta-Carotin, die die Zellen schützen sowie Haut und Augen stärken.
Ernte und Verwendung: Hagebutten lassen sich ab Spätsommer bis zum ersten Frost ernten. Wer sie in der Küche nutzen möchte, sollte auf eine schonende Verarbeitung achten, da Vitamin C empfindlich auf Hitze reagiert. Für Tee genügt es, getrocknete Früchte mit heißem Wasser aufzugießen. Durch Köcheln lässt sich aus den Früchten ein Mus herstellen, das sich hervorragend als Brotaufstrich oder als Topping für Desserts eignet. Die Früchte am besten in der „Flotten Lotte“ passieren – so entfernt man die feinen, reizenden Härchen der Kerne.
■ Kapuzinerkresse: Bunte Antibiotika-Alternative
Inhalt und Wirkung: Die Kapuzinerkresse ist nicht nur ein farbenfroher Hingucker im Garten, sondern auch ein kleines Heilwunder. Die enthaltenen Senföle wirken antimikrobiell und sind sowohl gegen viele Bakterien als auch gegen einige Viren und Pilze wirksam. Gleichzeitig ist die Pflanze ausgesprochen vielseitig in der Küche.
Ernte und Verwendung: Nahezu alle Teile sind essbar – Blätter, Blüten und Samen. Vor allem die jungen Blätter und Blüten schmecken frisch-fruchtig mit einer leichten Schärfe. Sie passen in Salate, Kräuterquark und Dips oder sorgen ganz nebenbei für bunte Farbtupfer auf dem Teller.
Im frühen Herbst werden auch die Samen interessant: Die unreifen, grünen Bällchen lassen sich zu „falschen Kapern“ einlegen und so auch in der kalten Jahreszeit genießen.
Für dieses Rezept gilt es, frisch geerntete grüne Samen zu waschen, in einem sauberen Schraubglas mit zwei bis drei Teelöffeln Salz zu mischen und eine Woche im Kühlschrank stehen zu lassen. Danach werden die entwässerten Kapern gespült, wieder ins Glas gefüllt, mit heißem Weißwein- oder Apfelessig übergossen und rund zwei Wochen ziehen gelassen. Nach dem Abkühlen sollte man sie kühl und dunkel aufbewahren.
Ungeöffnet halten die falschen Kapern bis zu zwei Jahre, angebrochen im Kühlschrank mehrere Monate – vorausgesetzt, sie bleiben vollständig mit Essig bedeckt. Wie echte Kapern schmecken die Kapuzinerkapern vor allem auf der Pizza, in Pasta, Salaten oder Saucen.