Das Buch liegt bereit, die Liege steht auf der Terrasse – und dann das: schwarze Wolken, ein Donnergrollen, Sturmböen fegen durch den Garten. Der Juli hat sich in diesem Jahr als sehr launischer Sommermonat präsentiert. Statt Freibadwetter gab es Regengüsse, Gewitterfronten und teils sintflutartige Schauer. Im Schnitt fielen rund 114 Liter pro Quadratmeter – und damit laut Deutschem Wetterdienst (DWD) fast 50 Prozent mehr als im langjährigen Mittel. In Teilen Bayerns und im Alpenraum wurden sogar über 300 Liter gemessen. Kein Wunder, dass viele Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner denken, dass wenigstens die Gartenpflege in diesem Jahr entspannt ist und die Gießkanne im Schuppen bleiben kann. Doch dieser Eindruck kann täuschen.
Regen ist nicht gleich Regen. Auch wenn die Oberfläche der Pflanzen nass aussieht, kann es sein, dass der Boden in der Tiefe trocken ist. Und genau dort holen sich die Gartenbewohner ihr Wasser.
„Die Menge und die Verteilung geben den Ausschlag“, erklärt Thomas Kleinworth vom Bundesverband der Kleingartenvereine Deutschlands. Pflanzen zögen Wasser in unterschiedlichen Bodenregionen. „Die Wurzeln der Graspflanzen im Rasen sind der Oberfläche sehr nah, Stauden wurzeln tiefer, Gehölze noch tiefer“, sagt Kleinworth. Die Symptome einer Trockenperiode träten daher bei den Pflanzen im Garten auch zu unterschiedlichen Zeiten auf.
Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner kennen es: Entweder es passiert tagelang gar nichts – oder binnen Minuten schüttet es so heftig, dass das Wasser über den Beetrand läuft. Von einer echten Entlastung für den Gartenboden kann bei solchem Wetter kaum die Rede sein. „Regelmäßiger Regen in ausreichender Menge verhindert ein Durchtrocknen des Bodens bis in tiefe Schichten“, erklärt Kleinworth. Das sei heute aber nicht mehr die Realität. Stattdessen folgten auf lange Trockenphasen oft Starkregenereignisse. „Hohe Niederschlagsmengen in kurzer Zeit helfen dem Boden kaum, da das Wasser oberirdisch abläuft und nicht versickern kann“, klärt der Experte auf.
Ein weiteres Problem: Viele unterschätzen, wie schwer sich ausgetrocknete Erde wieder mit Wasser vollsaugt. Das gilt besonders für verkrustete oder verdichtete Böden, etwa in Beeten, unter Sträuchern oder Hecken. „Ist der Boden erst einmal ausgetrocknet, hat er es sehr schwer, Wasser wieder aufzunehmen“, sagt Kleinworth. Das Problem: „Erste Niederschläge nach Trockenheit perlen quasi ab“. In solchen Fällen bedarf es dem Experten zufolge erst einer größeren Menge Wasser, bis überhaupt etwas an der Wurzel ankommt.
Problematisch ist es auch, dass die Verdunstungsrate im Sommer hoch ist: Selbst wenn es regnet, verdampft viel Wasser wieder direkt. Umso entscheidender ist die richtige Bodenpflege. „Daher ist es wichtig, den Boden mit einer Hacke oder einem Kratzer zu lockern“, so Kleinworth. Dies leistet einen zusätzlichen Mehrwert als Verdunstungsschutz, der lockere Boden wirke wie eine Mulchschicht und verhindere so den Aufstieg des Wassers aus dem Boden. „Niederschläge können leichter in den Boden eindringen, win – win“, meint Kleinworth. Wer weiß, worauf zu achten ist, kann Wassermangel frühzeitig erkennen – und gegensteuern, bevor es kritisch wird. Erste Anzeichen zeigen sich relativ schnell. „Dass Pflanzen ihre Blätter hängen lassen, bezeichnet man als Welketracht“, erklärt Kleinworth. Dies sei ein Selbstschutz der Pflanze, um die Verdunstungsfläche zu verkleinern, sodass die Sonne nicht mehr so viel Angriffsfläche habe. Hängende Blätter könnten also ein Indiz sein, dass die Pflanze nicht ausreichend Wasser bekommen hat.
„Höchste Eisenbahn“ sei vor allem dann, wenn auch schon die jungen Triebe schlapp herab hängen. „Der Zelldruck lässt aufgrund von Wassermangel nach, die äußeren Bereiche von Blatt und Trieb werden nicht mehr versorgt, es kommt zum Absterben von Zellen“, sagt Kleinworth. Wenn die Ränder sich dann braun bis schwarz färben, ist die Pflanze stark vom Austrocknen bedroht. „Das muss verhindert werden“, hält der Experte fest. Und zwar durch gezieltes Wässern.
Aber wie funktioniert das genau? „Wer es einrichten kann, sollte in den Morgenstunden wässern. Das Wasser versickert, bevor die Sonne es direkt verdunstet, und die Pflanze hat Vorrat für den Tag“, sagt Kleinworth. Die wichtigste Regel ist dem Experten zufolge aber, lieber selten und dafür ausgiebig und tiefgründig zu gießen. „Täglich ein paar Spritzer über die Blätter sind nicht zielführend.“ Denn: „Das Wasser muss in den Boden zur Wurzel.“
Als einfache Faustregel nennt Kleinworth: „Ein Millimeter Niederschlag ist gleich ein Liter Wasser pro Quadratmeter. Dieser zieht im Durchschnitt einen Zentimeter in den Boden. Zehn Liter Wasser ziehen also zehn Zentimeter tief in den Boden“. Der Experte empfiehlt, einen Finger in den Boden zu stecken und so zu fühlen, in welchem Zustand der Boden sich befinde. Je tiefer der Boden feucht ist, desto besser sind die Pflanzen also mit Wasser versorgt.
Es lohnt sich auch ein Blick auf den Wasserverbrauch. „Gezielt wässern spart Wasser”, sagt Kleinworth. Die Gießkanne sei daher das Mittel der Wahl – sparsamer könne man dem Experten zufolge nicht gießen. Auch wenn Bewässerungssysteme, die über Zeitschaltungen geregelt seien, sehr beliebt sind, wissen diese nicht, ob es geregnet habe oder nicht. Mit einem prüfenden Griff in die Erde lässt sich dies leicht herausfinden – ganz ohne Technik oder teure Systeme.