Ich mag einfach Bewegung“, sagt Tina Deeken. Mit Ausdauer, Enthusiasmus und Disziplin hat sich die 48-Jährige an die Spitze des Para-Sports gekämpft. Die Ausnahmesportlerin ist 19-fache Weltmeisterin im Para-Eisschwimmen und amtierende deutsche Meisterin im Para-Triathlon. Und sie fährt weiterhin reihenweise Rekorde ein – für den VfL Eintracht Hannover in der Südstadt.
„Als junges Mädchen war ich tennisverrückt“, erzählt Deeken, die im Oldenburger Münsterland aufwuchs und heute in der List lebt. Doch im Alter von 14 Jahren musste sie diesen Sport aufgeben. Bei einer Operation an der Hüfte wurde ein Nerv geschädigt. In der Folge blieben ihr linkes Bein und in Teilen der linke Arm gelähmt.
Um sich zu mobilisieren, ging sie schwimmen. Dass sie rund 40 Jahre später durch das halbe Ijsselmeer und quer durch den Oslo-Fjord in Norwegen schwimmen würde, hätte sie damals nicht gedacht. Trainiert hat Deeken immer nur mit Sportlern ohne Handicap. „Leider habe ich andere Para-Sportler erst später kennengelernt“, bedauert sie. „Von deren Erfahrungen hätte ich als Jugendliche sehr profitieren können.“ Deshalb ist es ihr heute ein Anliegen, Kinder und Jugendliche mit Behinderung zum Sport zu ermutigen.
Vor ihrer Arbeit als Förderschullehrerin schwimmt die 48-Jährige täglich ihre Runden. Spätestens um 6.30 Uhr ist sie im Wasser. „Bei Wettbewerben muss mich immer jemand ins Wasser bringen, denn das Schwimmen mit Orthese ist dann verboten“, erklärt Deeken. Wie kräftezehrend das Eisschwimmen ohne Neoprenanzug ist – so geschehen im Januar bei der WM in Italien in 1,9 Grad kaltem Wasser – das spürt sie meist erst nach dem Schwimmen.
Privat ist Deeken in Hannover viel mit dem Fahrrad unterwegs. „Ich trete mit rechts, der linke Fuß ist in einer Art Käfig auf der Pedale“, schildert sie. Die Radstrecken für den Triathlon legt sie im Handbike zurück. Die Laufstrecken absolviert sie in einem Rennrollstuhl. Der Hannover Marathon ist jedes Jahr ein fester Termin in ihrem Kalender. Der Transport ihrer Gefährte stellt jedes Mal eine logistische Herausforderung dar. „Freunde von mir fahren meine Sportgeräte in ihrem Kombi zu Wettkämpfen, während ich mit dem Zug hinfahre“, sagt die Pädagogin.
Die größte Hürde im Para-Sport seien jedoch die Kosten, so Deeken. „Das Equipment ist sehr teuer, weil jede Behinderung individuell ist“, sagt sie. Nach ihren ersten Triathlon-Teilnahmen war ihr klar, dass sie ein besseres Handbike brauchte. Der VfL Eintracht Hannover unterstützte sie beim Kauf eines geeigneten Modells. Das gab der Sportlerin den nötigen Push. Es folgten Wettkampf auf Wettkampf und Medaille auf Medaille. 2023 erhielt Deeken die niedersächsische Sportmedaille für ihre sportlichen Leistungen und wurde zu Niedersachsens Behindertensportlerin des Jahres gewählt. Das ist für sie Ansporn, die Besonderheiten und Möglichkeiten des Behindertensports regelmäßig in die Öffentlichkeit zu tragen. Denn der Weg zur Barrierefreiheit ist noch weit. Deeken kann ein Lied singen von Toiletten, die zu eng sind, um mit einem gelähmten Bein darin Platz zu finden.
Umso mehr freuen sie die positiven Entwicklungen und die tollen Begegnungen im Sport. Die 48-Jährige ist allgegenwärtig, so scheint es: Sie beteiligt sich an Triathlon-Staffeln mit nicht-behinderten Sportlern, wirkt bei Spendenläufen mit und motiviert Kinder beim Triathlon-Kids-Camp. Überall zeigt Deeken, was Menschen mit Behinderungen sportlich erreichen können – wenn sie eine Chance bekommen.