Der Schatz der Pflanzen
Drei Konzerne dominieren den weltweiten Saatgutmarkt – die eigene Samen-Ernte hat viele Vorteile:
Sie führt zu mehr Unabhängigkeit, spart Geld und sichert die Sortenvielfalt

Schier endlose Vermehrung: Selbst gesammeltes Saatgut bringt genau jene Pflanzen hervor, die sich bereits im eigenen Garten bewährt haben.Foto: IMAGO/Heike Rau

Mit dem Spätsommer beginnt die Erntezeit. Zahlreiche Obst- und Gemüsesorten reifen nun voll aus, auch Heil- und Zierpflanzen bilden allmählich ihre Samenstände. Diese Zeit eignet sich hervorragend, um mit wenig Aufwand eigenes Saatgut zu gewinnen.

Wir zeigen Ihnen, wie Sie geeignete Pflanzen auswählen, wann der ideale Zeitpunkt ist, und wie Sie die Samen richtig reinigen, trocknen und lagern.

Wer einmal damit beginnt, Saatgut selbst zu gewinnen, stellt schnell fest: Es macht nicht nur Freude, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Gartenkultur. Egal, ob im kleinen Balkonkasten oder im Selbstversorgerbeet – selbst vermehrtes Saatgut spart bares Geld, bringt genau jene Pflanzen hervor, die sich bereits im Garten bewährt haben, und fördert die Vielfalt, insbesondere alter und seltener Sorten.

Angesichts der Tatsache, dass nur drei Konzerne den Großteil des weltweiten Saatgutmarkts beherrschen, führt die eigene Saatguternte zudem zu mehr Unabhängigkeit.

Das Wichtigste zuerst: Nicht alle Pflanzen eignen sich für die Saatgutgewinnung. Nur sogenannte samenfeste Sorten garantieren, dass die Nachkommen in Form, Geschmack, Ertrag und Reifezeit weitgehend die Eigenschaften der Mutterpflanze beibehalten.

Das bedeutet: Das Saatgut ist natürlich vermehrbar. Hybridsorten hingegen, wie man sie häufig bei großen Saatgutproduzenten findet, bringen in der Folgegeneration uneinheitliche Pflanzen hervor – sie sind also für die Vermehrung im eigenen Garten nicht geeignet.

Rein äußerlich lässt sich samenfestes Saatgut nicht von anderen Samen unterscheiden. Folgende Hinweise helfen:

■ Saatguttüten auf den Zusatz „F1“ prüfen – dieser kennzeichnet Hybridsorten.

■ Regionale, historische und ökologisch angebaute Sorten stammen meist aus freier Vermehrung.

■ Saatgut-Tauschbörsen oder lokale Initiativen bieten oft echte Sortenschätze.

■ Bundesweit verleihen Saatgutbibliotheken samenfestes Saatgut – einfach abholen, anbauen, ernten und zurückgeben. Weitere Infos unter nutzpflanzenvielfalt.org

Für die Saatgutgewinnung eignen sich gesunde, kräftige und sortenreine Pflanzen. Krankheiten, Schädlingsbefall oder Kreuzungen mit Nachbarpflanzen können die Qualität des Saatguts erheblich beeinträchtigen. Besonders bei offen bestäubten Arten wie Zucchini, Kürbis, Mais oder Paprika kann es leicht zu unerwünschten Kreuzungen kommen, wenn mehrere Sorten gleichzeitig blühen.

Dem wirken Sie entgegen, indem Sie entweder in sehr großem Abstand anbauen. Oder indem sie bei kleinerer Anbaufläche alternativ Netze oder Säckchen über die Blüten ziehen, um Fremdbestäubung weitgehend zu vermeiden.

Ein häufiger Anfängerfehler ist es, das Saatgut zu früh zu ernten. Für eine hohe Keimfähigkeit müssen Samen voll ausgereift sein: Bei Fruchtgemüse wie Tomate, Paprika oder Kürbis sollten Sie die Früchte vollständig – gern sogar überreif – an der Pflanze ausreifen lassen. Bei Hülsenfrüchten wie Erbsen und Bohnen lassen Sie einige Schoten an der Pflanze trocknen, bis sie sich bräunlich verfärben.

Salate, Kräuter und Blumen bilden nach der Blüte ihre Samenstände. Wichtig zudem: Nur an trockenen, sonnigen Tagen ernten – Feuchtigkeit kann zu Schimmel führen und die Lagerfähigkeit erheblich verringern.

Je nach Pflanzenart unterscheiden sich auch hier die Methoden: Bei Tomaten geben Sie die Samen samt Fruchtfleisch in ein Glas und lassen sie ein bis zwei Tage gären, wobei sich die keimhemmende Schicht ablöst. Danach einfach abspülen und auf einem Tuch trocknen lassen. Die Schoten von Erbsen und Bohnen brechen Sie auf und entnehmen die Samen. Das Saatgut von Salaten und Kräutern lässt sich oft einfach ausschütteln, ausreiben oder vorsichtig herausschälen. Dabei die Spreu vorsichtig wegblasen oder alles durch ein Sieb geben.

Für eine langfristige Lagerfähigkeit sind absolut trockene Samen Pflicht. Hierzu sollten diese an einem möglichst dunklen und gut belüfteten Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung liegen, denn diese verringert die Keimfähigkeit. Auf Küchentüchern, Zeitungspapier oder einem feinmaschigen Sieb ausbreiten und regelmäßig wenden, damit alle Seiten gleichmäßig durchtrocknen. Dann möglichst kühl, trocken und dunkel gelagert, etwa im Keller oder in der Vorratskammer.

D ie Mühe der eigenen Saatgutgewinnung lohnt sich: Samen von Paprika und Möhre halten sich zwei bis drei Jahre, die von Salat und Erbse knapp vier, und das Saatgut von Tomate und Kürbis sogar bis zu acht Jahre. Tipp: Jede Verpackung sofort mit Datum, Pflanzenart und Sorte beschriften – das erspart mühsames Rätseln in der nächsten Saison.
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