Vier-Sterne-Stadt – und nun?
Ausgezeichnete Spitzenköche fordern eine Kampagne für die Gastronomie in Hannover

Jante-Chef Tony Hohlfeld brachte Hannover 2016 zurück auf die Landkarte des Michelin.Foto: Philipp Von Ditfurth
Hannover. So viel Sterne in der Gastronomie hatte Hannover noch nie: Vier Restaurants dürfen die begehrte Auszeichnung weiter oder neu führen, die der Gourmetführer Guide Michelin in dieser Woche feierlich vergeben hat. Darauf dürfe die Stadt ruhig stolz sein, meinen Tony Hohlfeld („Jante“) und Benjamin Gallein („Votum“). Doch das passiere leider nicht, es fehle die Unterstützung, etwa durch das Stadtmarketing. Das äußerten die beiden Spitzenköche jetzt im Zusammenhang mit der Verleihung.

„Jante“, „Votum“, „Handwerk“ und neu das „Marie“ in der Oststadt: Vier Restaurants bieten in Hannover ausgezeichnete Spitzenküche – doch davon dringe wenig nach außen, so die Kritik. Gallein sieht deshalb eine Marketingkampagne dringend geboten: „Man muss schauen, woher Hannover kommt: Hier war 25 Jahre nichts“, sagt er und meint damit, dass Hannover so lange kein Sterne-Restaurant hatte.

Der Spitzenkoch wird deutlich: „Die Stadt sollte sich nicht nur nach außen mit den Sternen schmücken, sondern diese Art der Gastronomie auch unterstützen. Der Tourismusverband pusht uns bisher nicht.“ Sterne-Restaurants hätten viele positive Effekte auf eine Stadt. Diese Unterstützung und „Sterne-Touristen“ seien wichtig, weil die Sterne-Restaurants bei Gästen aus der Stadt merkten: „In diesen Zeiten ist der Konsum verhalten.“

Offene Türen rennen die Spitzenköche bei der SPD ein. Florian Spiegelhauer, wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Rat, sagte, er erwarte, dass sich Stadt und Hannover Marketing und Tourismus GmbH (HMTG) Gedanken über eine Kampagne machen. „Die Sterne sind eine hervorragende Auszeichnung für die Restaurants, aber auch für die Gastronomie in der Stadt.“ Es sei eine tolle Wertschätzung für die Arbeit der Köche und ein „wichtiger Faktor für Hannover“.

Deshalb erwarte er, dass sich das Stadtmarketing darüber Gedanken mache, wie man diese Spitzenleistung öffentlich nach außen darstelle und kommuniziere. „Die Stadt Hannover muss diese Leistung wertschätzen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen“, so Spiegelhauer.

Bei der HMTG ist man in Sachen Sondermarketing für die Spitzenküche dennoch zurückhaltend. „Hannover versteht sich als kulinarisch vielfältige Stadt mit einem starken Fokus auf ein breites gastronomisches Angebot für alle“, sagt HMTG-Chef Hans Nolte.

Auch wenn sich Hannover nicht ausschließlich als Hotspot der Spitzengastronomie positioniere, so transportiere man dennoch exzellente kulinarische Angebote wie die Sterne-Küche gezielt in die Breite. „Das machen wir zum Beispiel durch kulinarische Stadtführungen. Auch mit dem internationalen kulinarischen Angebot auf dem Maschseefest präsentieren wir Hannover als ein Paradies für Feinschmecker“, so Nolte. „Grundsätzlich ist die Zielgruppe für Sterne-Restaurants aber zu speziell für eine gesonderte Kampagne.“

Im Rathaus hat man die Gastro-Erfolge ebenfalls mit Freude zur Kenntnis genommen. Er habe dem neuesten Sterne-Koch Sven Holthaus vom „Marie“ in einem Schreiben auch persönlich zu dem Erfolg gratuliert, so Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). Hannovers Gastronomie sei generell ausgezeichnet – und das im wahrsten Sinne des Wortes und in allen Segmenten. „Wir haben nun insgesamt vier mit Guide-Michelin-Sternen geadelte Restaurants in der Stadt. Das ist ein Spitzenwert, auf den wir stolz sind.“ Das mache Hannover als Ziel für Besucher und Besucherinnen noch attraktiver. Zu einer größeren Vermarktung äußerte sich der OB allerdings nicht.

Tony Hohlfelds „Jante“ war der Vorreiter in der Sterne-Küche, er brachte Hannover 2016 zurück auf die Landkarte des Michelin. Bei der Gala in Frankfurt wurden seine zwei Sterne nun bestätigt. Sein Kollege Benjamin Gallein vom „Votum“ im Leineschloss kocht ebenfalls weiter auf Zwei-Sterne-Niveau. Seit 2022 hat Thomas Wohlfeld einen Stern für das „Handwerk“ am Altenbekener Damm. Sven Holthaus erweitert jetzt mit seiner französisch inspirierten Küche im „Marie“ den Kreis.

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