Unterricht am Zebrastreifen
Zahl der Schulwegunfälle steigt –
dabei investiert die Polizei schon viel Zeit, um sie zu verhindern

Glücklich mitUrkunde: Torben Abel, der alsKontaktbeamter in Ricklingen arbeitet, mit der Kitagruppe der AWO Kita Bergfeldstrasse und Roller von der GS WettbergenFoto: Katrin Kutter
Hannover. Mit seiner raubeinigen Herzlichkeit könnte Torben Abel eine ganze Reihe von kindlichen Traumberufen ausfüllen: Astronaut, Feuerwehrmann, Polizist, Pirat. Irgendwann einmal hat sich Abel für die Polizei entschieden. Nun lauscht eine Gruppe Kita-Kinder den Worten des 53-Jährigen. Ein paar Meter entfernt befindet sich der Zebrastreifen über die Bergfeldstraße in Wettbergen, der direkt zum Kindergarten führt.

Abel macht in seiner knallgelben Weste vor, wie es richtig geht: Stehen bleiben, rechts schauen, links schauen und dann zügig die Straße überqueren. „Es gibt viele Erwachsene, die das nicht richtig machen und von einem Auto angefahren werden“, sagt er denJungen und Mädchen. Die sollen den Zebrastreifen jetzt ebenfalls jeweils zu zweit passieren. Viel Verkehr gibt es nicht in dem beschaulichen Wohngebiet.

So geht ein Kinderpaar nach dem anderen über die Straße, bis sich ein Kleinwagen mit einem älteren Mann am Steuer nähert. Zwei Jungen warten gerade am Zebrastreifen darauf, dass das Auto anhält und sie losgehen können. Doch das Auto wird nicht langsamer und fährt einfach an den Kindern vorbei. Abel schaut dem Wagen etwas ungläubig hinterher. Der Polizist macht den Eindruck, als würde er gerne etwas in Richtung des Autofahrers sagen wollen, das nicht für Kinderohren bestimmt ist.

Die Polizei investiert viel Zeit und Arbeit, um Kita-Kinder und Schüler für Gefahren auf dem Schulweg zu sensibilisieren und vor allem Unfälle zu vermeiden: Von A wie Ampelüberquerung, über F wie Fahrradfahrausbildung, bis zum Zebrastreifen begleiten Beamte wie Abel Kinder durch die Schulzeit. Fast 5000 Präventionsveranstaltungen hat die Behörde im Jahr 2024 in der Region Hannover auf die Beine gestellt.

Trotzdem wurden 2024 in der Region Hannover mehr Kinder im Straßenverkehr verletzt worden, als noch im Jahr davor. Von insgesamt 479 wurden 450 glücklicherweise nur leicht, allerdings auch 28 schwer und ein Kind tödlich verletzt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das laut Unfallstatistik ein Anstieg von insgesamt 64 Fällen. Eine Negativentwicklung verzeichnet die Polizeidirektion Hannover auch bei Unfällen auf dem Schulweg: Waren es 2023 noch 67 Kinder, zählte die Polizeidirektion Hannover im vergangenen Jahr 79 Fälle. Zu den meisten davon kam es in den Umlandgemeinden Burgdorf und Garbsen. Laut Polizei gibt es dort allerdings keine klassischen Unfallschwerpunkte.

„Die steigende Zahl verunglückter Kinder im Straßenverkehr, insbesondere auf dem Schulweg, erfüllt uns mit großer Besorgnis“, sagt der Dezernatsleiter für Verkehr der Polizeidirektion, Tobias Giesbert. „Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass wir unsere Anstrengungen zum Schutz der kleinsten Verkehrsteilnehmenden weiter intensivieren müssen.“ Zehntausende Schüler sind jeden Tag auf den Straßen in der Region unterwegs. „Auffällig ist, dass etwa ein Viertel der Schulwegunfälle mit einer alleinigen Beteiligung eines Kindes erfasst wurden, oftmals verursacht durch einen Sturz mit einem Fahrrad“, so ein Polizeisprecher.

Aus diesem Grund wollen Polizisten wie Torben Abel bereits Kindergartenkinder auf die Gefahren im Straßenverkehr hinweisen. Dazu werden auch die Eltern in die Pflicht genommen. Etwa, wenn es darum geht, die sogenannten Elterntaxis vor Schulen und Kindergärten in den Griff zu kriegen. Die Kinder der Kita Bergfeldstraße haben ihren Crashkurs am Zebrastreifen bestanden. Dafür teilt Abel Urkunden aus. In der Grundschule werden sie wieder Unterricht von der Polizei bekommen. „Wir haben das hier nicht zum Spaß gemacht“, sagt Abel zu den Kindern. „Versprecht mir, dass ihr immer vorsichtig seid.“

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