Neue Strecken, neue Stationen
Überblick über millionenschwere Bauprojekte im Netz der Üstra-Stadtbahnen

Zentimetergenaues Rangieren: Arbeiter setzen die tonnenschweren Betonelemente für den Hochbahnsteig amStadtfriedhof Bothfeld. Mithilfe von zwei Autoauslegekränenmüssen die Elemente vorsichtig unter den Stromleitungen hindurchgezirkelt werden.Foto: Tobias Woelki
Hannover. Täglich etwa 800.000 Fahrgäste sollen im Jahr 2035 die Stadtbahnen der Üstra nutzen – fast doppelt so viele wie heute. Das sieht zumindest der Verkehrsentwicklungsplan 2035+ der Region Hannover vor, der als Basis für die Erweiterung des Streckennetzes dient. Verbunden ist die Erweiterung mit hohen Kosten. Allein die 3,4 Kilometer lange Stadtbahnverlängerung nach Hemmingen – samt Brücken – hat zuletzt rund 90 Millionen Euro gekostet. Wie also lässt sich das ehrgeizige Ziel bis 2035 erreichen? Ein Blick auf den Masterplan der Region Hannover.

Zwei neue Stationen für die Stadtbahn sollen in Garbsen entstehen, die Linie 4 wird über eine Brücke über die A2 bis in die Stadt fahren. 96,3 Millionen Euro soll das Bauvorhaben kosten. Die Region Hannover und die Infrastrukturgesellschaft Infra tragen rund 71,5 Millionen Euro, die Stadt Garbsen knapp 25 Millionen Euro. Bis zu 85 Prozent der Kosten könnten Bund und Land übernehmen. Baubeginn ist für frühestens 2029/2030 geplant. Die Bauzeit wird mindestens drei Jahre dauern. „Wir gehen davon aus, dass wir dieses Projekt realisieren“, sagt Ulf-Birger Franz, Verkehrsdezernent der Region Hannover.

Seit Dezember 2023 fahren Stadtbahnen der Linie 13 bis Hemmingen. Für deren 1,6 Kilometer lange Verlängerung bis Arnum gibt es einen Grundsatzbeschluss der Stadt Hemmingen. Die Flächen für die Trassen, Haltestellen und Endpunkt stehen zur Verfügung. „Sobald wir einen Planfeststellungsbeschluss bekommen haben und die Finanzierung geklärt ist, dürften wir bauen“, sagt Christian Weske, Geschäftsführer der Infra. Die Region muss die Entscheidung treffen, und Franz gibt sich optimistisch: „Für dieses Projekt benötigen wir vergleichsweise wenige Finanzmittel“, sagt er.

Die Region hält den Bau einer vierten Innenstadtstrecke für unverzichtbar. Sie soll das neue Wohngebiet Kronsrode besser anbinden – möglicherweise mit einer Verlängerung der D-Linie vom Raschplatz durch die Südstadt. Eine Möglichkeit, die die Region derzeit prüfen lässt: die Linie durch einen Tunnel unter der Sallstraße zum Kronsberg zu führen. Franz plädiert für einen Anschluss an das vorhandene Streckennetz sowie eine Führung an der Raschplatzhochstraße vorbei.

Noch vor der Sommerpause legt die Regionsverwaltung seinen Angaben zufolge der Politik eine Beschlussdrucksache vor. „Wir möchten Geld für die Planung durch ein externes Fachbüro bereitstellen, das bereits in anderen Kommunen die U-Bahn-Tunnel geplant hat“, sagt er. Dabei geht es unter anderem um Streckenführung und Kosten des Projektes. Für die Planung rechnet Franz mit gut einer Million Euro.

Der Masterplan sieht langfristig auch eine Anbindung der Stadtbahnhaltestelle am Langenforther Platz an den Bahnhof Langenhagen-Mitte vor, die Schienen würden entlang der Godshorner Straße verlaufen. „Der Bahnhof hat sich zu einem Knotenpunkt für alle entwickelt, ihn wollen wir zu einem attraktiven Umsteigebahnhof ausbauen“, sagt Franz. Reisende in und aus Richtung Norden sowie zum Flughafen könnten dort umsteigen, ebenso Fahrgäste, die die nördlichen Stadtteile Hannovers zum Ziel haben. Damit werde auch der Hauptbahnhof entlastet.

Außerdem soll die Linie 1 von der jetzigen Endstation bis Langenhagen/Pferderennbahn fortgeführt werden. Frühestens 2026 könnte das Vorhaben planerisch vorangetrieben werden. „Die Trasse ist freigehalten“, sagt Infra-Chef Weske. Franz verweist auf eine neue Machbarkeitsstudie, die unter Einbindung der Stadt Langenhagen noch 2025 begonnen werden soll.

In Groß-Buchholz entsteht in den nächsten Jahren für eine Milliarde Euro ein komplett neuer Campus der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dadurch entfernt sich der Komplex jedoch von der Linie 4. Die Idee also: Hannovers erste Ringbahn, sofern sich die Trasse auf dem Stadtfelddamm bis zur Podbielskistraße im Norden ziehen würde. „Die Gespräche zwischen Region, Stadt und MHH laufen“, sagt Weske und Franz ergänzt, dass auf einem Teilstück im Bereich des MHH-Campus eine mögliche Trassenfläche vorgehalten werden soll.

Der Dezernent betont, dass die Region das Projekt unbedingt realisieren wolle. Deshalb hoffe er, dass die Bedenken der MHH wegen der Trassenführung in der Debatte mit Stadt, Region und Land ausgeräumt werden könnte. „Leider zieht sich die Planung, ich wäre wirklich froh, wenn wir vorankommen würden“, sagt Franz. Das Vorhaben einer Verlängerung der Linie 9 über den MHH-Campus bis zum Nackenberg habe bei volkswirtschaftlichen Voruntersuchungen ein sehr gutes Verhältnis von Nutzen und Kosten ergeben.

Um die Innenstadt zu entlasten, sieht der Masterplan Stadtbahn gleich zwischen mehreren Linien eine Spange für die Fahrgäste vor, die umsteigen müssen. Im Nordosten betrifft das eine gewünschte Anbindung zwischen Langenhagen und der Linie 13 in Bothfeld. Für den Nordwesten besteht ein Vorschlag für eine Verbindung zwischen der Haltestelle Haltenhoffstraße und den Linien 4 nach Garbsen sowie 5 nach Stöcken.

Außerdem laufen die Überlegungen, die Linie 6 über das Ikea-Möbelhaus bis nach Laatzen zu verlängern – und damit für das Baugebiet am Kronsberg mit Tausenden Bewohnerinnen und Bewohnern eine Verbindung nach Laatzen zu schaffen. Eine Machbarkeitsuntersuchung für diese Strecke liegt bereits vor, sodass der nächste Schritt eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wäre“, sagt Franz.

In einem Punkt gibt es schon jetzt für Franz und Weske keinen Zweifel: In zehn Jahren können Fahrgäste an allen gut 200 Haltestellen des derzeit 123 Kilometer langen Stadtbahnnetzes ohne Barrieren ein- und aussteigen.

Dafür gehen Jahr für Jahr neue Hochbahnsteige in den Betrieb, in diesem Jahr gilt das für die Stationen Stadtfriedhof Bothfeld und Alter Flughafen, im Jahr 2026 folgen Windausstraße, Kabelkamp, Fasanenkrug und Ludwig-Sievers-Ring. „Dann sind 91 Prozent der Haltestellen barrierefrei“, sagt Weske. Für die meisten der 19 dann noch fehlenden Stopps liefen die Planungen, zum Teil auch schon die Planfeststellungsverfahren.

Zur Barrierefreiheit gehören für Weske auch die Aufzüge an den 19 Tunnelstationen. „Es ist sehr unglücklich, wenn Fahrgäste nicht weiterkommen, wenn die Aufzüge ausfallen“, sagt er. Gerade bei Lieferengpässen dauere die Zwangspause mitunter einfach zu lange, weshalb die Infra auch für den Aegi und den Hauptbahnhof jeweils einen zweiten Aufzug plant.

„Letztlich muss die Region den Einbau finanzieren“, sagt der Geschäftsführer mit Blick auf einen möglichen Zeitplan. Den gibt es schon für den Hauptbahnhof auf dem stadteinwärts führenden Bahnsteig. Dort soll in zwei Jahren ein zweiter Aufzug installiert werden. Im Anschluss soll dann am Aegi der zweite Aufzug kommen.

Druckansicht