Stadtverwaltung will Airbnb ausbremsen
Tages- oder wochenweise Vermietung von Wohnraum soll bald verboten sein: Nach dem Vorbild anderer Großstädte will Hannover eine Satzung gegen Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen und Personal für die Kontrolle einstellen. Wir haben die wichtigsten Aspekte herausgesucht

Dem Wohnungsmarkt entzogen: Diese möblierte Wohnung in Hannover darf künftig nicht mehr tages- oder wochenweise für Stadtbesucher, Monteure oder andere Kurzzeitnutzungen angeboten werden, wenn die Zweckentfremdungssatzung der Stadt so beschlossen wird wie vorgelegt.Foto: Conrad von Meding
Hannover. Wohnraum ist weiter Mangelware in Hannover. Die Stadt greift jetzt durch: Sie will dagegen vorgehen, dass immer mehr Zimmer und Apartments dem normalen Wohnungsmarkt entzogen werden und lukrativ als Kurzzeitvermietungen angeboten werden - über Plattformen wie etwa AirBnB, Wunderflat oder Kleinanzeigen.

Eine strenge Zweckentfremdungssatzung soll den Rahmen geben, Personal für die Kontrolle eingestellt werden. Teile der Ratspolitik fordern das seit Jahren, vor allem Linke und Grüne. Jetzt hat das Baudezernat den Entwurf für die Satzung vorgelegt, über den der Rat entscheiden muss.

In einem Begleitschreiben an die Kommunalpolitik argumentiert die Verwaltung, warum der Wohnungsmarkt trotz massivem Neubau angespannt bleibe. So sei die Bevölkerungszahl von 2014 bis 2024 um 5,5 Prozent (gut 29.000 Menschen) gestiegen. Die Zahl der Haushalte wiederum werde bis 2035 um weitere 2,1 Prozent wachsen, allein dafür seien 6400 Wohnungen mehr nötig.

Zugleich ist die Umzugsintensität innerhalb der Stadt um ein Drittel zurückgegangen. 2011 seien noch fast 52.000 Menschen innerhalb der Stadt umgezogen (10,2 Prozent der Einwohner), 2023 seien es nur noch 6,8 Prozent gewesen. Das deutet darauf hin, dass die Menschen Alternativwohnungen nicht für attraktiver halten als ihre bisherige Wohnung, meist wegen des Preises.

Die Stadt verweist darauf, dass sie zwar gemeinsam mit der Immobilienbranche den Neubau angekurbelt habe. Unter anderem entstehen am Kronsberg, in der Wasserstadt und in vielen anderen Quartieren neue Wohnungen. Seit Beginn der Wohnungsbauoffensive 2013 seien 12.000 Baurechte geschaffen worden. Allein 2022 seien 2800 Wohnungen fertiggestellt worden, 2023 sogar 4200. Jetzt aber flaue die Neubautätigkeit wegen der gestiegenen Kosten wieder ab.

2022 hatte ein Empirica-Gutachten ergeben, dass etwa 750 Wohnungen in Hannover dem Wohnungsmarkt entzogen sind, weil sie lukrativ als Kurzzeitapartments vermietet werden. Teile der Ratspolitik hielten das schon damals für deutlich zu niedrig gegriffen, das Dunkelfeld sei wesentlich höher. Illegal sind solche Vermietungen aber nicht, solange es keine Zweckentfremdungssatzungen gibt. Das soll sich jetzt ändern, wenn der Rat zustimmt.

■ Wird Untervermietung verboten? Nein. Jeder darf Wohnungen oder Zimmer weiterhin vermieten, wenn man selbst etwa wegen Auslandsaufenthalt nicht zuhause ist oder zu Messen oder Kirchentagen vermieten will.■ Was ist dann verboten? Was Wohnraum ist, darf nicht für insgesamt mehr als zwölf Wochen im Jahr tage- oder wochenweise als Ferienwohnung, Monteursunterkunft oder ähnlich vermietet werden. Es darf auch nicht zu mehr als 50 Prozent der Fläche gewerblich oder beruflich genutzt werden (etwa als Kanzlei, Praxis oder ähnlichem) oder so umgebaut werden, dass es fürs Wohnen nicht mehr nutzbar ist.■ Was ist mit Leerstand? Leerstand länger als sechs Monate ist verboten, außer bei besonderen Umständen wie Sanierung – die muss aber „nachweislich zügig“ erfolgen.■ Gibt es Ausnahmen? Ja, mehrere. Zum Beispiel liegt keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum bereits vor 2019 rechtmäßig zur Fremdbeherbergung genutzt wurde, wenn Wohnraum wegen eines Zweitwohnsitzes nicht ununterbrochen genutzt wird oder man nachweisen kann, dass man trotz Bemühungen keine Mieterinnen und Mieter findet.■ Genehmigung nötig: Wer Wohnraum anders nutzen will, darf nicht warten, bis die Stadt ihn erwischt, sondern muss von selbst einen Antrag auf Genehmigung stellen. Die Stadt kann zustimmen, wenn es sinnvolle Gründe gibt – etwa wenn eine Wohnung besonders gut als Standort einer Arztpraxis geeignet ist. In Einzelfällen soll es Möglichkeiten geben, Ersatzwohnraum zu stellen oder Ausgleichszahlungen zu leisten.■ Vollzug sofort: Wenn Zweckentfremdung nicht gestattet wird, ist die Wohnung sofort wieder als Wohnraum zu nutzen. Man kann dagegen zwar Anfechtungsklage einreichen, die soll laut Satzung aber keine aufschiebende Wirkung haben.■ Betretungsrecht: Immobilieneigentümer und -besitzer, Verwalter und Vermittler müssen laut Satzungsentwurf Auskunft geben. Bei Verdacht auf Missbrauch fordert die Stadt Betretungsrecht.■ Bußgeld: Die Verfahrenskosten, wenn jemand eine Genehmigung zur Zweckentfremdung beantragt, stehen noch nicht fest. Bei Verstoß aber behält sich die Stadt vor, ein Bußgeld zu verhängen. Das kann bis zu 100.000 Euro betragen, muss aber angemessen sein und wird daher in der Regel deutlich darunter liegen.■ Wer soll kontrollieren? Zur Umsetzung will die Stadt drei Beschäftigte einstellen, die Genehmigungen erteilen und die Einhaltung der Regeln überwachen. Bruttokosten für den Arbeitgeber im Jahr: 270.000 Euro.

Die Satzung soll für zunächst fünf Jahre gelten. Rechtsgrundlage ist die Einstufung Hannovers durch das Land Niedersachsen als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. Wenn der Rat keine Änderungswünsche hat, könnte die Satzung im Sommer in Kraft treten.

Druckansicht