2014 kreuzten sich ihre und van Hals Wege erstmals. In einer Hamburger Fußgängerzone, in der die Straßenmusikerin mit ihrem roten Akkordeon englische Coverversionen sang. „Christoph hat den Instrumentenkoffer mit den Geldscheinen gesehen und mich angesprochen“, scherzt die 34-Jährige. „Ich habe Potenzial gesehen“, betont der Multiinstrumentalist, dessen Bandprojekt Tanner sich damals nach vier Jahren auflöste.
Milou und van Hal kamen ins Gespräch, tauschten Nummern aus, die Hamburgerin schaute für die Aufnahme eines englischen Songs in Hannover vorbei. Die Straßenmusikerin hatte früher häufig einen Zauberer bei seinen Auftritten musikalisch begleitet, kannte Kabarettist Matthias Brodowy (52) aus dieser Zeit. „Wir haben ihm den Song vorgespielt, er hat uns zu seiner Mixshow in der Tanzschule Step by Step eingeladen.“
Van Hal trommelte schnell eine Band zusammen, Zeit für Proben war kaum. „Aber die Leute waren angetan. Und von Brodowy kam der Tipp: Probiert es auf Deutsch“, erzählt der 47-Jährige. Und so entstand die erste Single „Flieg mit mir“. Ein Sprachwechsel, den keiner der beiden bereut hat. „Die Leute sind bei deutschen Texten aufmerksamer und hören zu“, findet Barbara Milou.
Und mit dem Kampf um Aufmerksamkeit kennt sich die frühere Straßenmusikerin aus. Ihr Trick: „Ich stand oft in einer Sackgasse – da müssen die Leute zweimal an einem vorbei. Auf dem Rückweg sitzt das Geld dann lockerer.“ Aber auch jenseits der Münzen und Scheine im aufgeklappten Koffer schätzte sie die Zeit: „Die Straße ist eine harte Schule. Ich war bei Auftritten immer so nervös wie auf der großen Bühne.“
Auf der stand sie ab dann mit Christoph van Hal als Milou & Flint. Der zweite Teil des Duos sollte frech und spitzbübisch klingen. „Der Name ist selbst wie ein Song“, findet van Hal.
Die nächste Herausforderung: Wie holt man aus einem Duo möglichst viel Musik heraus? Van Hal hat Musik studiert, war jahrelang als Gastmusiker mit Wir sind Helden auf Tour, sein Instrument ist eigentlich die Trompete. Da sich aber zweistimmiger Gesang als wichtiges Element des Duos herausstellte, sattelte er um auf Gitarre. Glockenspiel und Fußschlagzeug kamen dazu. Milou steuerte neben ihrem Akkordeon noch Klavier und Mandoline bei. „Bei uns klingt es so, als würde eine ganze Band spielen. Um alles im Auto unterzubringen, müssen wir aber Tetris spielen.“
Der Erfolg kam schnell. Auftritte im „Morgenmagazin“, im ZDF-„Fernsehgarten“, bei „Inas Nacht“. Auf der Freiburger Kulturbörse wurden sie für eine 16-tägige Kreuzfahrt mit der „MS Europa 2“ engagiert und spielten auf der Reise nach Französisch-Polynesien nicht nur für die Gäste auf dem Luxusschiff. „Wir haben auch ein Gratis-Konzert in der Mannschaftsbar gegeben. Die meisten Crewmitglieder kamen von den Philippinen – sie haben kein Wort verstanden, haben uns aber gefeiert.“ Für die Unesco City of Music waren sie als Botschafter in Japan. „Wir haben quasi die Welt erobert“, sagt Milou mit einem Schmunzeln. Wie ist die Bilanz nach zehn gemeinsamen Jahren, drei Alben, einer überstandenen Corona-Pandemie (die bei der 34-jährigen Sängerin mit zwei Babypausen zusammenfiel)? „Wir haben bei den Streamingportalen längst die Millionenmarke geknackt“, sagt van Hal. „Wir bekommen bei Konzerten viel Rückmeldung. Menschen sagen uns, dass unsere positiven, bestärkenden Texte ihren Tag gerettet hätten“, freut sich Milou.
Das Duo steht auf eigenen Beinen, macht Produktion, Booking und Artwork selbst. „Die Frage ist, wie man Erfolg definiert”, sinniert der Musiker, den seine Bandkollegin auch in Gesprächen liebevoll Flint nennt. „Uns geht es gut. Wir haben alles in der Hand“, findet van Hal.
Am 21. Februar ab 20 Uhr treten Milou & Flint mit Band im Pavillon (Lister Meile 4) auf. Als Gastmusiker sind Joel Milky am Kontrabass, Jens Eckhoff von Wir sind Helden am Keyboard, Rocky Österreich an der Violine und Emre Akca am Schlagzeug dabei. Karten kosten 22 bis 35 Euro.