Jedes Jahr war es eine spannende Überraschung, was Harald Böhlmann von 1986 an 37 Jahre lang in Herrenhausen veranstaltet hatte. Die Neuausrichtung des Kleinkunstfestes hat nicht jedem gefallen. Es gab harsche Kritik am Programm von Casper de Vries. Manche sind nach Bad Pyrmont gefahren, wo Harald Böhlmann sein Kleines Fest so präsentierte, wie es früher war: mit Stelzenläufern, Zauberern und Frans, dem traurigen Clown, der im Gebüsch sitzt und an einer Gurke knabbert. Aber es gab nicht nur Kritik. Manche fanden das neue Fest auch ganz bezaubernd.
Am 9. Juli wird das zweite Kleine Fest von Casper de Vries eröffnet werden. Welche Künstlerinnen und Künstler mit welchen Vorführungen kommen, soll bei der Programmvorstellung im Mai verraten werden. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler sei schon jetzt so gut wie abgeschlossen, sagt de Vries, Namen will er allerdings noch nicht nennen, denn noch sind nicht alle Verträge unterzeichnet. Eines ist aber sicher: Es soll fast keine Wiederholungen zum alten Programm geben.
Das Kleine Fest soll jedes Jahr „eine spannende Überraschung“ sein, sagt der Intendant und fügt einen jahreszeitlich passenden Vergleich an: „Niemand findet es gut, zu jedem Weihnachtsfest immer nur Socken zu bekommen“.
Es soll also vieles anders werden vom 9. bis zum 27. Juli im Großen Garten von Herrenhausen. Um neue Künstlerinnen und Künstler mit neuen Ideen und originellen Shows zu finden, hat de Vries in den vergangenen Monaten Festivals in verschiedenen Ländern besucht und geschaut, welche Kleinkünstler, Clowns, Zauberer, Tänzer, Performer und Akrobaten neue Shows im Angebot haben.
Eine merkwürdige Tendenz konnte er dabei beobachten: „In Frankreich ist mir aufgefallen, dass jetzt fast alle Clowns apokalyptische Trashclowns sind“. Ob einer von ihnen auch in Herrenhausen auftreten wird, will er jetzt noch nicht verraten. Aber Clowns werden dabei sein, klar, und Zauberer und Akrobaten und, und, und ... Noch etwas ist de Vries bei seinen Festivalbesuchen aufgefallen: dass Inklusion ein großes Thema bei vielen Programmen ist. Großbritannien, sagt er, sei ein Vorreiter in Sachen Diversität.
Casper de Vries scheint keiner zu sein, der sich neuen Tendenzen verschließt. Das hat einen Grund: Der Intendant sagt, dass es ihm wichtig sei, mit seinem Programm fürs Kleine Fest auch ein jüngeres Publikum zu erreichen. Das neue Kleine Fest solle offen für alle sein, sagt er. Und: „Es muss ganz einfach Freude machen“.
Um die Gruppen zu finden, mit denen das gelingen kann, reist er nicht nur zu Kleinkunstfestivals, sondern trifft sich jedes Jahr mit ein paar anderen Festivalleitern und -leiterinnen auf der dänischen Insel Møn. Dort lebt man in einem ehemaligen Schulgebäude, lädt Künstlerinnen und Künstler zu sich ein und gibt einander Tipps, wer wo welche besondere Show plant.
Auch bei seinen Festivalbesuchen achtet de Vries darauf, dass er immer wieder neue Impulse bekommt. Ein Mittel dazu: Er reist auch zu kleinen, neuen Festivals. Er sagt: „Jedes Jahr besuche ich ein Festival, das ich noch gar nicht kenne.“
Das Unbekannte kann aber auch Probleme schaffen – wie bei der jüngsten Ausgabe des Kleinen Fests. Die kritischen Anmerkungen dazu hat de Vries sehr ernst genommen. „Wir haben alle Kritikpunkte auf den Tisch gelegt und über alles gesprochen“, sagt er.
Viel Kritik habe damit zu tun gehabt, dass er Neues, Ungewohntes präsentiert habe, sagt de Vries. Damit aber will er im kommenden Jahr weitermachen. Das klingt nicht trotzig, sondern wie eine Selbstverständlichkeit. Der Satz, mit dem er das bekräftigt, könnte auch als ein Motto taugen: „Das Kleine Fest feiert die Veränderung.“
Und noch etwas ist ihm sehr wichtig: Schönheit. Casper de Vries ist aus dem Gärtnerhaus hinausgetreten und zeigt auf die barocke Gartenanlage. Er sagt: „Wenn ich hier stehe, muss ich an die Kurfürstin Sophie denken, die die Erweiterung des Barockgartens Ende des 17. Jahrhunderts in Auftrag gegeben hat. An ihre Weitsicht und an ihren Sinn für Schönheit.“ Dann schaut er Richtung Stadt. „Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen in Hannover Schönheit erleben wollen“, sagt er. Und: „Es ist meine Aufgabe, die zu liefern.“