„Hallo, ich komme in friedlicher Absicht“ – das bedeutet „Mulembe“. Bartls Mission begann mit einem Forschungsprojekt an der Uni, demnächst gibt die Agrarwissenschaftlerin ihre Doktorarbeit ab: „Ich begleite die Produzierenden das ganze Jahr.“ Die 33-Jährige analysiert Defekte in den Bohnen, leitet aus den Daten Maßnahmen ab, wie mit Dürre, Sturm, zu viel Regen oder Krankheitserregern umgegangen werden kann.
Aus Hannover gehen Reports nach Uganda: „Die Produzierenden erkennen, ob der Aufwand sich lohnt.“ Die Zahlen sprechen dafür, auf manchen Farmen stiegen die Erträge von 800 Kilo pro Hektar auf 1900 Kilo. Kleine „Mulembe“-Chargen werden auch in Uganda zu Testzwecken geröstet – und verköstigt. „Das schult die Sensorik. Die Leute kommen sonst nicht mit ihrem eigenen Produkt in Berührung, bauen keine Beziehung auf.“
Eine Beziehung aufbauen sollen aber auch die Menschen in Hannover (das Ladencafé ist an der Harenberger Straße 3 in Limmer) oder ganz Europa, die den Kaffee beziehen: Auf jeder Packung weisen Foto und Text darauf hin, wer die Kaffeekirschen angebaut und geerntet hat, ein QR-Code führt zu Videos. „Die Menschen in der Wertschöpfungskette werden sichtbar.“ Und sie werden fair bezahlt. „25 Prozent über den Höchstpreisen vor Ort“, das ist die Vorgabe von „Mulembe“. Außerdem fließen von jedem Kilo Röstkaffee (35 Euro, im Abo 29,90 Euro) 5 Euro in Entwicklungshilfeprojekte am Mount Elgon: Bienenstöcke neben den Kaffeefeldern helfen bei der Bestäubung und öffnen neue Einnahmequellen, das gilt auch für Kakao- und Vanillepflanzen, die öfter im Jahr geerntet werden.
Auch Markus Glaubitz verkauft unter dem Label „24 Grad“ seit 2009 besondere Bohnen am Engelbosteler Damm 52 (und bald in einem zweiten Geschäft an der Straßenseite gegenüber). „Spezialitätenkaffee war damals eine Nische in Hannover“, berichtet er über die Gründung der Kaffeerösterei, die ihren Namen vom sogenannten „Kaffeegürtel“ hat, der zwischen 23 und 25 Grad nördlicher und südlicher Breite verläuft. Auf der nicht ganz maßstabsgetreuen Weltkarte auf der Schiefertafel im Café sind die Länder bunt schraffiert, aus denen der 50-Jährige die Bohnen bezieht – darunter Nicaragua, Äthiopien, Panama, Kolumbien.
„Yellow Bourbon“ heißt der Arabica von der brasilianischen Farm Daterra, der im Regal steht. 250 Gramm kosten 9 Euro, die Kaffeekirschen sind nicht rot, sondern gelb, angebaut wird auf 1100 Metern Höhe. „2018 war ich da“, erzählt Glaubitz, der seine Reiseerlebnisse in einem Blog auf www.24grad.net festhält. Da erfährt man, dass die Plantage Altersvorsorge, Sozialleistungen und kostenloses Kantinenessen anbietet, das Wissen über Anbau und Farmmanagement auch mit kleineren Kaffeebauern teilt. „Ich will zeigen, dass Kaffee auch mit fairen Mitteln verkauft werden kann. Es geht hier um die Bohne, nicht um die Masse.“
Eine Botschaft, für die er kämpfen musste. „Die Deutschen trinken Kaffee oft, als wäre es Rotwein aus dem Tetrapack, den sie mit Cola mischen.“ Deshalb gibt er Sensorikseminare, erklärt in Workshops, wie Brühverfahren auf den Geschmack wirken. „Wir haben eine Geschichte zu jedem Kaffee. Die Leute haben Lust, solche Dinge zu erfahren.“ Und sind bereit, höhere Preise als im Discounter zu bezahlen. „Kaffee ist ein Naturprodukt, er hat mehr Aromen als Wein.“
Auch im „V17“ in der Hennigesstraße 12 (Linden-Nord) setzen Janis Kaiser und Arno Auer auf „Third Wave Coffee“. Was steckt hinter der dritten Welle? „Ein kleiner Bruchteil des Kaffeegeschäfts“, sagt Auer, der unter dem Label „Woodgrouse“ Spezialitätenkaffee röstet. Die erste Welle brachte den Kaffee in das Zuhause der Menschen, in den Supermarkt, in den Alltag. In der zweiten Welle brachten Ketten wie Starbucks das To-go-Geschäft, neue Größen und Flavours. „Uns geht es um qualitativ hochwertige Bohnen, bei denen Anbau, Transport und Preise nachverfolgt werden können.“
Auer und Kaiser fordern von Importeuren den „Free on Board“-Preis zu erfahren, also den Preis bei der Verladung auf Containerschiffe. „Im Idealfall bekommen wir den ‚Farmgate‘-Preis“, so Auer. Die Summe also, die beim Bauern landet. Biosiegel haben die „V17“-Kaffees nicht: „Für viele Bauern ist es eine finanzielle Hürde, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.“ Das Duo setzt auf etwas anderes: „Die Vertrauensbasis zwischen uns und den Kunden.“