VWN-Sprecher Tobias Salzmann teilt auf Anfrage mit, es gebe außer dem öffentlich diskutierten Konzept „Der Gute Turm“ der beiden Hannoveraner Daniel Pflieger und Mousse T. „eine weitere Anfrage, die derzeit in der Ausarbeitung ist“. Es seien allerdings auch mehrere Anfragen zurückgezogen worden. Ein Interessent beispielsweise sei „nach einer Erstbesichtigung des Turms und der Sichtung der notwendigen Arbeiten unmittelbar von seinem Angebot zurückgetreten“.
Der insgesamt 141 Meter hohe Rundbau mit der verglasten Technikkanzel auf 70 Metern Höhe war Anfang der Fünfzigerjahre zur Versorgung des Großraums Hannover mit Fernsehbildern errichtet worden. Diese Funktion wurde kurz vor der Jahrtausendwende vom – mit 282 Metern exakt doppelt so hohen – Telemax am Weidetorkreisel übernommen. Seitdem nutzte VWN den Innenstadtturm für Leuchtwerbung – bis 2020 ein backsteingroßer Betonbrocken abbrach und nur knapp Fußgänger verfehlte. Seitdem laufen teure Unterhaltungsarbeiten und Gutachten, die 2023 bei VWN zu einer Abrissentscheidung führten.
Nachdem die Pläne durch Recherchen dieser Redaktion öffentlich wurden, machte sich die Stadt für einen Erhalt stark. VWN hat deshalb eine Art Kulanzzeit eingeräumt: Wenn bis Spätsommer realistische Konzepte für einen Weiterbetrieb vorliegen, ist der Fahrzeughersteller zu einem Weiterverkauf bereit. Dabei sei auch ein negativer Kaufpreis möglich, hatte VWN-Technikvorstand Josef Baumert angedeutet.
Dem Vernehmen nach könnte das Unternehmen bereit sein, einen Betrag in Höhe der Abrisskosten zum Turm dazuzugeben. Allerdings sollen die Sanierungskosten sehr deutlich über den Kosten für einen Abriss liegen – und der wird ja trotzdem möglicherweise irgendwann nötig sein. Von wem das zweite Konzept kommt und was das inhaltliche Ziel ist, lässt sich VWN-Technikvorstand Baumert nicht entlocken. Gemeinsam sei aber allen bisher vorgestellten Nutzungsskizzen, dass sie „immer eine Kombination von Gastronomie, Eventlocation oder Übernachtung vorsehen“.
Das gelte auch für die zurückgezogenen. Salzmann stellt aber auch klar: „Bisher liegt VWN noch kein konkretes Übernahmeangebot vor.“ Auch „Der Gute Turm“-Mann Pflieger spricht zwar stets davon, dass er potente Sponsoren an der Hand habe. Bislang hat aber niemand öffentlich bekundet, dass er Millionensummen für das Projekt geben mag.
Wie teuer VWN die Kosten für die Abrissverzögerung zu stehen kommen, will das Unternehmen auch auf Nachfrage nicht beziffern. Die Summe soll aber mindestens fünfstellig sein. Der Abriss war bereits weitgehend vorbereitet, etliche Unternehmen hatten sich an der Ausschreibung für das gigantische Projekt beteiligt.
Bislang ist nach Auskunft der bundesweiten Betreiberfirma Deutsche Funkturm noch nirgends in Deutschland ein Fernsehturm mitten in einer Innenstadt abgerissen worden.
Stadtsprecherin Janine Herrmann betont, dass sich das möglichst auch nicht ausgerechnet in Hannover ändern solle: „Primäres Ziel der Bauverwaltung ist es, den Turm zu erhalten.“ Weil die Stadt selbst keinen Cent dafür ausgeben will, begrüße man „weiterhin jede Initiative von ernsthaften Übernahmeinteressenten, die dem Telemoritz eine Zukunft geben und dieses für das Stadtbild bedeutende Bauwerk erhalten wollen“.
Erstaunlich allerdings ist, wie sich VWN und Stadt davor drücken, klare Kriterien für eine Übernahme festzulegen. Auf gleichlautende Fragen, wie denn mögliche Interessentenkonzepte für einen Verkauf vergleichend bewertet werden sollen, gibt es keine eindeutige Antwort. „Die inhaltliche Prüfung von Nachnutzungskonzepten liegt nicht in der Verantwortung von VWN“, teilt Sprecher Salzmann mit.
Bei der Stadt dagegen heißt es: „Letztlich entscheiden, was mit dem in ihrem Eigentum stehenden Telemoritz passiert, kann nur Volkswagen als Eigentümerin.“ Ihre eigene Rolle sieht die Stadt darin, „die Rahmenbedingungen darzustellen und insbesondere zu den baurechtlich möglichen Nutzungsmöglichkeiten und technischen Herausforderungen zu beraten“, heißt es in der Bauverwaltung.
Das einzig Konkrete bleibt also der geplante Rückbau der VWN-Logos und -Schriftzüge. Das Unternehmen will sie mitsamt der zugehörigen Stahlkonstruktion möglichst bald demontieren, auf jeden Fall in diesem Sommer. Ziel sei, dass vor möglichen Herbststürmen die Windlast in der Turmspitze reduziert ist. Der Rückbau dürfte spektakulär werden – und könnte auch den Autoverkehr im Bereich der Raschplatzhochstraße behindern.