Diese ist mittlerweile als „ehrenamtliche Anwohnerin“, wie sie sagt, unterwegs, weil das Projekt „Umgestaltung Weißekreuzplatz“ beendet ist. Und so schaut die frühere Projektleiterin Stephanie Schünemann mit Freude auf die Früchte ihrer Arbeit – und organisiert mit anderen Anwohnenden weiterhin die Kunst- und Kulturausstellungen an diesem Ort. Durch das Dach des Laubengangs, Schünemanns Lieblingsplatz, schlängeln sich Reste von Wasserschläuchen, dem Mitmach-Kunstobjekt „panta rhei: stadt im fluss“ der Künstlerin Kerstin Schulz.
Ein paar Bänke weiter schläft ein Obdachloser, ein Student schreibt daneben auf einem Laptop – vielleicht seine Hausarbeit? Ruhig ist es ja jetzt. An den letzten zwei Bänken neben den öffentlichen Toiletten sind Teile der Trinkerszene zusammengekommen, sie reden, trinken aus ihren Bierflaschen und lassen ihre Hunde aneinander schnuppern. Kein Gepöbel, kein Geschrei ertönt. Wie es ausschaut, haben sich die Bürgerinnen und Bürger ihren Platz zurückerobert, ohne die Menschen zu verdrängen, die bis zum vergangenen Jahr hier für Probleme gesorgt haben.Aurora und Ahn, beide zwei Jahre jung, toben sich an dem wie eine liegende Acht geschwungenen grünen Gerüst aus, lachen und juchzen, wenn sie auf den weichen blauen Grund fallen. Auroras Mutter Astrid Günther und Ahns Mutter Thi Than Nguyen schauen dem Treiben ihres Nachwuchses ganz entspannt zu und freuen sich, dass es so nah am Zuhause diese neuen Spielgeräte gibt. „Das war früher ganz anders, der Ort hat sich total verbessert“, sagt die Deutschspanierin Astrid Günther.
Auch Thi Than Nguyen erinnert sich mit Schaudern daran, als Glasscherben hier herumlagen, als Gruppen von Menschen mit Drogen- und Alkoholproblemen es für kleine Kinder unmöglich gemacht hätten, sich auf diesem Platz aufzuhalten. Das Einzige, was sich die beiden Mütter und ihre Kinder dringend noch wünschen: „Eine Rutsche muss her!“
Rieke (18) und ihr Bruder Jannes (16) messen sich derweil beim Tischtennisspielen – das erste Mal am Weißekreuzplatz. Die beiden wohnen in der Nähe, waren bisher aber nie auf die Idee gekommen, sich hier aufzuhalten. „Ich wollte eigentlich immer nur schnell vorbei am Platz“, sagt Rieke.
Vincent und seine Freunde sind extra aus Langenhagen gekommen, um entspannt im grünen Park zu sitzen, der kleine Sohn seiner Bekannten läuft sich überschüssige Energie ab. „Hier sah man nichts von Rasen“, meint Vincent. „Das liegt daran, dass die Stadt die Fläche pflegt und Rasensamen nachstreut, wenn nötig“, klärt Schünemann auf.
Kurze Zeit später quert auch Ulrich Jung mit seiner Jagdhündin Pepper den Park. „Ich lebe hier seit mehr als 20 Jahren und begrüße, dass sich die Kinder und Erwachsenen wieder hierhertrauen“, sagt Jung. In der „Problemecke bei den Klos“ wären „deutlich weniger“ Alkoholisierte. „Ich hoffe, dass es hier auch weiterhin keinen Vandalismus gibt.“ Die Kunstausstellungen und Konzerte hätten ihm gut gefallen und er hoffe, dass es bald ein gastronomisches Angebot am unteren Ende des Platzes gibt. „Das wäre klasse.“
Stephanie Schünemann, Christoph Meurer, Polina und Markus Schneider treffen sich im Laubengang, „der vorher als Angstraum vom LKA identifiziert worden war“, erklärt Schünemann. Angstraum, weil dreckig, unheimlich, düster. Nun nennt sich der Laubengang Galerie „20proKuadrat“ – so auch die Instagram-Adresse – und lädt zum Schauen und Verweilen ein.
Bis zum 2. Juni sind hier großformatige Fotos auf robustem Mesh-Stoff von Christoph Meurer ausgestellt, „die habe ich auf der Karibikinsel Tobago gemacht, wo es jedes Jahr ein Ziegenrennen gibt. Das einzige offizielle Ziegenrennen der Welt übrigens“, sagt er. Im Juni veranstaltet der Pavillon ein Klimafest auf dem Weißekreuzplatz und zeigt in dem Zeitraum Arbeiten des Fotografen Lino Zeddies. Aus den Tobago-Foto-Stoffen werden Taschen gefertigt.
„Sechs Ausstellungen wird es insgesamt in diesem Jahr geben“, berichtet Polina Schneider. Im August wird sie mit ihrem Kollektiv C22 eine weitere Ausstellung bestreiten, im Oktober wird die Fotokünstlerin ihre Werke präsentieren.