Wegen eines Alarms gab es zu Beginn der Veranstaltung eine kurze Unterbrechung. Wie die Feuerwehr berichtete, habe die Brandmeldeanlage ausgelöst – vermutlich wegen eines technischen Fehlers.
Musikalisch engagiert sind die diesjährigen Träger des Stadtkulturpreises, die ebenfalls in der Orangerie ausgezeichnet wurden: Das Orchester im Treppenhaus hat es sich zur Aufgabe gemacht, neue Wege mit klassischer Musik zu gehen. Mit diesem Ziel arbeitet das von Thomas Posth geleitete Ensemble auf experimentelle Weise und an besonderen Orten an einem erweiterten Konzertbegriff und will vor allem auch junge Hörerinnen und Hörer für diese Musikrichtung gewinnen. Das Orchester führt sein Publikum dabei immer wieder zu neuen Hörerlebnissen und Erfahrungen, vermischt Formen und Stilrichtungen – auch über die Grenzen einer Konzertsituation hinweg.
Wie das funktioniert, zeigen die Musikerinnen und Musiker immer wieder eindrucksvoll. Bei ihren Schattenkonzerten, bei denen Menschen – begleitet von Musik – hinter einem Vorhang von ihren Erfahrungen berichten, war dieses Jahr auch die Syrerin Hadeel Obaid dabei. Die junge Frau sprach von ihrer Flucht und komponierte angeregt durch diese Erfahrung selbst einen Rap. „Mit der Musik ist sie aus dem Schatten herausgetreten und hat selbst gesungen“, sagt Orchesterleiter Posth. „Das Orchester im Treppenhaus ist mit seinem innovativen Ansatz weit über die Grenzen Hannovers bekannt und ein ausgezeichneter Botschafter der Stadt“, begründen der Vorsitzende des Freundeskreises Hannover, Matthias Görn, und Freundeskreis-Geschäftsführerin Katharina Sterzer die Wahl der Jury.
Was das Orchester mit seinen 5000 Euro Preisgeld macht, steht noch nicht ganz fest, erst einmal freuen sich die Musiker über diese Anerkennung: „Wenn man über Gebühr in sein Projekt investiert hat, um Außergewöhnliches zu erreichen, dann ist es schön, wenn man mit seiner Arbeit auch gesehen wird“, sagt Posth. Gern würde das Ensemble auch etwa spenden, doch in der heutigen Zeit, in der gerade Kulturschaffende ständig schauen müssten, wie sie an Geld herankämen, „werden wir es wohl für uns verwenden“. Ein Wunsch wäre es in diesem Zusammenhang, eine Art Update fürs Orchesterdesign mit neuer Homepage und Grafik vorzunehmen.
Nicht mit Musik, sondern mit Sport macht Torge Wittke mit seinem Verein Herzschläger andere stark. Er hat auch eine persönliche Motivation für seine Sportprojekte mit benachteiligten und kranken Menschen aller Altersgruppen. „Ich möchte meinem Sohn ein Vorbild sein, ich möchte ihn zu einem empathischen Menschen erziehen“, sagt der Sportwissenschaftler. Doch er hat schon oft erlebt, dass die Teilhabe am Sport nicht nur an vermeintlichen körperlichen, sondern auch an finanziellen Barrieren scheitert. Darum ist Wittke ständig auf der Suche nach Sponsoren.
Obwohl sein Verein erst fünf Jahre alt ist, hat Wittke mit ihm schon viel bewegt. So gab es ein Rollatorrennen für Senioren, er organisiert Sport für Obdachlose und trainiert Rugby mit Kindern, die eine Autismus-Spektrum-Störung haben. „Im kommenden Jahr startet auch in Hamburg eine Gruppe – sie bekommen meine Trainingsunterlagen und Erkenntnisse und können darauf aufbauen“, erzählt er. Seine Idee ist es, das Trainingskonzept in ganz Deutschland zu verbreiten.
Ein besonderes Anliegen sind Wittke todkranke Kinder – für Projekte mit ihnen will er auch das Preisgeld von 5000 Euro verwenden. „Ich will Kindern bis zu ihrem letzten Lebenstag Sport anbieten können, ich möchte ihnen einen Raum geben, wo sie Kind sein können und mal nicht der Tod im Vordergrund steht“, sagt er. „Es gibt viele kleine Patienten, die palliativ zu Hause oder im Hospiz sind, sie können nicht mehr zum Sport kommen. Ich möchte einen Lkw zu einem mobilen Sportstudio umbauen und zu ihnen kommen.“ Für ihn sei sein Engagement ein Zeichen des Respekts. „Wir schieben diese jungen Menschen auf ihrem letzten Lebensweg nicht ab, sondern zeigen ihnen damit: ,Ihr seid bei uns und wir sind für Euch da!‘“
Rund 400 Gäste hatte der Freundeskreis Hannover zur Feier des 29. Stadtkulturpreises in die Orangerie Herrenhausen eingeladen. Neben der Preisverleihung gab es viel Programm mit Varietédarbietungen vom GOP und Gesprächen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Wir leben in einer Zeit, die uns verdeutlicht, wie wichtig unsere demokratischen Werte für unser Zusammenleben sind“, sagt Görn. Daher seien Menschen wichtig, die sich für die Stadt und die kulturellen und sozialen Werte engagierten.