Wenn er nicht seiner Büroarbeit als Softwareprogrammierer nachgeht, zieht es Nell und seine Ehefrau in ihren großen Garten in der Nähe von Eutin in Schleswig-Holstein. Besonders gern im Herbst. Denn jetzt ist die Zeit, Ideen für künftige Frühlingsfarbtupfer umzusetzen. Das kalte norddeutsche Schietwetter ist dabei egal. Im Gegenteil, auf diese Witterung wartet Nell fast sehnsüchtig.
Denn Zwiebelblüher wollen bei kühlem Herbstwetter gepflanzt werden. „Es gibt zwei Ausnahmen: Schneeglöckchen und Narzissen mögen es auch früher. Tulpen und Zierlauch, Allium, lieber erst nach den ersten Frösten”, sagt Blumenzwiebel- und Staudenexpertin Svenja Schwedtke. Sie begleitet heute Nell bei seinem Pflanzvorhaben. Angst, dass die Blumen im Frost erfrieren, brauche man nicht zu haben. „Die Zwiebeln haben jetzt ihre Vegetationsruhe, und damit ist es jetzt die ideale Pflanzzeit.”
Kaum ist der erste Frost in den Boden gezogen, machen sich die beiden pflanzbereit: Wärmendes Gartenoutfit angezogen, Handschuhe, Erdbohrer mit Akkuschrauber (so lassen sich schnell und einfach Löcher bohren), Spaten und Blumenzwiebeln eingepackt, den Pflanzplan im Kopf, ziehen sie in Nells 1000 Quadratmeter großen Garten. Ihre Mission: Eine Blütenchoreografie fürs Frühjahr gestalten. Die Sehnsucht nach Farbe im Frühjahr lasse ihn dann auch die Kälte vergessen, die mitunter durch die Kleidung krieche, sagt Nell und ergänzt: „Wenn im zeitigen Frühjahr die Schneeglöckchen und die farbigen Krokusse rauskommen, dann ist das für mich Seelenbalsam und die Mühe wert.” Eigentlich sei er Staudengärtner. Doch in den vergangenen Jahren sei die Freude an Zwiebelblühern größer und größer geworden, unter anderem auch durch die Bekanntschaft zu Blühzwiebelexpertin Schwedtke.
Krokusse, Winterlinge, Tulpen, Narzissen, Präriekerzen und andere Sorten haben bereits auf Nells Areal ihren Platz gefunden. Vor allem Osterglocken kommen hier in den Boden. Heute sollen aber jede Menge Zierlauchsorten eine neue Heimat auf der Wildwiese finden.
Dazu koffert Nell zunächst ein Stück der Wiese aus, etwa 20 Zentimeter tief. Es ist eine recht schweißtreibende Aufgabe, den leicht gefrorenen Boden zu entfernen. Schwedtke verteilt verschiedene Alliumzwiebeln in den Aushub. Fast faustgroße Zwiebeln sind mit kleineren gemixt. Zu beachten sind beim Setzen drei Dinge: Erstens sollte die Zwiebel richtig herum im Boden liegen. Heißt: Das spitzere Ende zeigt zum Himmel. Zweitens darf der Boden nicht zu feucht sein. Sonst wären die Zwiebeln für Pilze und Co. ein gefundenes Fressen. „Wer bei sich im Garten einen schweren Boden hat, sollte das Pflanzloch tiefer ausheben, um eine Drainageschicht mit Kies oder Blähton zu legen”, rät Schwedtke. Eine Schippe Sand ginge zur Not auch.
Drittens sollten die Zwiebeln grundsätzlich in eine Lochtiefe gesetzt werden, die zwei- bis dreimal so groß wie die Zwiebel selbst ist. Auch die Abstände der Zwiebeln zueinander sollten etwa doppelt so groß sein, wie die Blüten vermutlich einmal werden, damit sie sich nicht später aneinander quetschen müssen. Um das zu vermeiden, hat Svenja Schwedtke die Alliumzwiebeln mit genügend Abstand verteilt und Hans-Christian Nell das Ensemble wieder gut mit Erde bedeckt. Vor seinem geistigen Auge sehe er bereits die frühsommerliche Wiese, sagt er. Unterschiedliche Blütenbälle werden zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Höhen hier wachsen. Dazu kommen changierenden Farbverläufe von lila und weiß, die die Allium-Sorten bieten. Für Nell ist das eine Augenweide – und für Hummeln und andere Insekten eine perfekte Nektarquelle. Sie werden sich hier tummeln.
Aber auch andere Nascher ziehen die Blumenzwiebeln an: Mäuse und Ratten knabbern gern an den Speicherorganen der Pflanzen. Schutz vor Fraß bietet zum einen eine tiefe Pflanzstelle, damit die Tiere nicht angelockt werden. Oder die Zwiebeln werden mit einem feinen Maschendraht umgeben, der an den Seiten eingegraben wird.
Weiter ziehen Schwedtke und Nell zu einem halbschattigen Staudenbeet. Hier kommen dank des Erd-Akku-Bohrers schnell Narzissen, Schneeglöckchen und Winterlinge in den Boden. Beetaufwärts finden die Knollen der Strahlen-Windröschen (Anemone blanda) ihren Platz. Der Clou: Sie wachsen neben Funkien. Diese treiben erst spät aus. Damit das Beet nicht leer aussieht, dürfen sich hier die Anemonenblüten mit ihrem weißen, blauen und lila Tönen präsentieren. Sind diese dann verblüht, verdecken die austreibenden Funkienblätter das verwelkende Laub.
Das gleiche Prinzip wenden Nell und Schwedtke dann noch in einem sonnigen Beet an. Hier gesellen sich Tulpen und Narzissen zu Taglilien. Das verwelkte Zwiebelgrün solle man nicht abschneiden, sondern eintrocknen lassen. Das Material diene der Pflanze als Nährstoffversorgung, erklärt Expertin Schwedtke.
So gestalten die zwei ein künftiges Blütenmeer im Garten. „Wenn man Blumenzwiebeln geschickt pflanzt, kann man die Farbenpracht im Garten wie Wellen bis in den Mai hineinziehen. Schneeglöckchen und Winterlinge machen den Anfang. Es folgen Krokusse und dann die früh blühenden Osterglocken und Narzissen”, schwärmt Nell. „Und die Hyazinthen nicht zu vergessen”, ergänzt Schwedtke. „Sie sind ein Beispiel dafür, dass Zwiebelblumen nicht nur tolle Farben zu bieten haben, sondern auch toll duften können.”
Nell hat im Laufe seiner Hobbygärtnerjahre, besonders bei den Zwiebelblühern, festgestellt, dass eine standortgerechte Gestaltung im Garten das A und O des Erfolgs ist und auch Arbeit spart. Das meint: Er versammelt im Beet Stauden, Zwiebeln und Co., die sich in ihren jeweiligen Ansprüchen gleichen. Tulpenzwiebeln beispielsweise überdauern auch schlechte Bedingungen. Sie kommen ursprünglich in Gegenden vor, wo es im Frühjahr feucht ist und wo die Sommer warm und trocken sind. Also wollen sie auch sonnige und trockene Standorte und belohnen Hobbygärtner und -gärtnerinnen dann mit ihrem Farbspiel.
Beim Kauf von Blumenzwiebeln sollte man auf deren Gesundheit achten: Sie sollten fest sein und nach einem sanften Druck mit dem Daumen kaum nachgeben. Zudem sollten die Zwiebeln unbeschädigt sein und keine dunklen Stellen aufweisen, die auf Pilz- oder Bakterienbefall hinweisen können. „Die Tüten vorher immer öffnen und trocken lagern”, rät Expertin Svenja Schwedtke. Die Zwiebeln und Knollen von Schneeglöckchen, Narzissen, Schachbrettblumen, Präriekerzen (Camassia) oder Strahlen-Anemonen vertragen es nicht, wenn sie austrocknen. Sie sollten daher zügig nach dem Kauf gepflanzt werden. Anemonen- und Winterlingsknollen mögen es, die Nacht vor dem Pflanzen in einer Wasserschüssel zu verbringen. Generell gilt: Zwiebeln, die in Beuteln mit Sägespänen angeboten werden, sollte man schnell pflanzen.
Zwiebelblumen mit großen Blüten wie Tulpen und Narzissen freuen sich nach dem Austrieb über Nährstoffversorgung, gut geeignet für Zwiebelblüher ist Tomatendünger. Kleinzwiebelblüher können im Frühjahr mit Kompost versorgt werden. Bei Trockenheit benötigen vor allem feuchtigkeitsliebende Arten wie Narzissen, Knotenblumen und Schachbrettblumen zusätzliches Wasser. Halbschattengewächse wie Schneeglöckchen, Winterlinge und andere Arten können jedes Jahr mit Herbstlaub gemulcht werden. Blumenzwiebeln, die im Rasen wachsen, sollten zunächst in Ruhe einziehen, bevor die Pflanzfläche gemäht wird. So können sie Kraft sammeln, sich vermehren – und der Blütenteppich wird von Jahr zu Jahr üppiger.